Rettung vor der Styroporschicht

25.10.2013, 00:00 Uhr
Rettung vor der  Styroporschicht

© Giulia Iannicelli

Ein Schmuckstück. Nur eine Wohnung ist noch zu haben in dem aufpolierten Sandsteinhaus in der Adamstraße. Kein Wunder, Bordüren und Simse sind wieder sauber herausgearbeitet, die Fenster neu — nur die großen mit dem Gitter davor sind in wenig brutal in die alte Front gerammt worden.
Es hätte schlimmer kommen können. So schlimm wie an vielen Stellen in der Stadt, wo durch eine Sanierung zwar kostbare Energie gespart, aber historische Gebäude verunstaltet wurden. Auch das Gesicht der Adamstraße 41 sollte unter einer dicken Dämmschicht verschwinden (wir berichteten) — hätte sich nicht eine Handvoll Nürnberger wirkungsvoll engagiert.
Jetzt sitzt die isolierende Schicht innen und der schönen Gründerzeit-Straße ist ein hässlicher Ausreißer erspart geblieben. Die Aktivisten aber haben sich zur „Stadtbild Initiative Nürnberg“ zusammengetan und wollen weitermachen. Auch anderswo in Nürnberg würden Häuser zu Tode gedämmt, heißt es. Dabei gebe es doch Alternativen. BauLust, Altstadtfreunde, Geschichte für Alle, Stadträte, Privatleute und Architekturprofessoren wollen in der Initiative an einem Strang ziehen.
 

Mit jedem Haus, das durch energetische Sanierung grob vereinfacht werde, verliere die Stadt Identität und Charakter, sagt etwa Karl-Heinz Enderle von den Altstadtfreunden. Dass effektive Dämmung nichts zerstören muss, habe sein Verein am Fachwerk-Ensemble Pfeifergasse bewiesen. Man wolle Alternativen aufzeigen, betont Elmar Hönekopp, Sprecher der neuen Initiative, der sich in der Aktionsgemeinschaft Villa Spaeth bereits Meriten erworben hat. Auch hier ging es um eine Rettung, nämlich um die des unverstellten Blicks auf ein Jugendstil-Kleinod (wir berichteten).
Alleine steht die neue Gruppierung mit ihrem Anliegen nicht. Die Stadt arbeitet aktuell an einer Liste von Straßenzügen, die wie die Adamstraße nicht unter Ensembleschutz sehen, aber trotzdem erhaltenswert sind. Die Humboldtstraße, das Gebiet rund um den Friedrich-Ebert-Platz oder eben Schoppershof nennt Daniel Ulrich, der Chef der Bauordnungsbehörde, als Beispiele für „Ecken, wo mehr steht, als man gedacht hätte.“
Wenn sich Hauseigentümer und Bürger einig seien, dann könne am Ende eine Gestaltungsssatzung für schützenswerte Straßen stehen. Optischer Kahlschlag durch Dämmung sei dann zu verhindern. Ulrich ist nicht in Katastrophenstimmung: „Die Investoren haben inzwischen mehr Bewusstsein und machen nicht mehr alles nieder.“

Nicht nur alte Fassaden, auch Kleinigkeiten, an denen das Herz der Menschen hängt, will sich die Initiative vornehmen. Ob das ein alter Hinweis auf einen Luftschutzkeller ist oder ein historisches Firmenschild. Dinge, die der Schoppershofer Boris Leuthold ständig fotografiert — neben dem traurigen Vorher-Nachher zugrunde gerichteter Fassaden. An der Ecke Ludwig-Feuerbach-Straße hat er eine solche entdeckt. Abgeschlagene Fenstersimse, sprossenlose Plastikfenster, gestörte Proportionen. „In den öden Fensterhöhlen wohnt das Grauen“, zitiert Brigitte Jupitz von BauLust. Das wusste schon Schiller.

www.stadtbild-initiative-nuernberg.de
 

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