Schienen mussten Kasernenbau in der Südstadt weichen

11.10.2011, 17:30 Uhr
Schienen mussten Kasernenbau in der Südstadt weichen

© Freunde der Nürnberg-Fürther Straßenbahn e.V.

In Nürnberg der Dreißigerjahre finden sich durch die Reichsparteitage der NSDAP bedingt zwei solche Beispiele in der Südstadt. Für die Nürnberg-Fürther Straßenbahn als Verkehrsbetrieb bedeuteten die Nazi-Parteitage eine erhöhte Belastung. Über einen Zeitraum von nur etwa einer Woche mussten zur Bewältigung des Massenverkehrs alle Arbeitskräfte und sämtliche Schienenfahrzeuge aktiviert werden.

Eine halbwegs normale Verkehrsabwicklung wurde zudem noch durch die allgegenwärtigen Marschkolonnen (diese genossen auf den Straßen immer Vorrang!) und Kundgebungen erschwert. So war es nötig, an verschiedenen Stellen das Schienennetz umzubauen oder zu erweitern – obwohl es zur Abwicklung des Normalverkehrs dazu eigentlich gar keinen Anlass gab.

Die Straßenbahnanbindung zum Parteitagsgelände erfolgte über Franken-und Allersberger Straße. Deren südlicher, heute nicht mehr bestehender Teil – und natürlich auch die Straßenbahn - verlief damals quer durch das spätere Gelände der SS-Kaserne in Richtung Stadion.

Seit 10. Juli 1929 bestand bereits die ungefähr einen Kilometer lange Verbindung zwischen Franken- und Markomannenstraße, sodass es nun auch eine Streckenführung in/aus Richtung westliche Südstadt bzw. Plärrer gab. Da aber im Bereich der nördlichen Allersberger Straße und Frankenstraße die Gleise im Straßenplanum verliefen, wollte man speziell für den Parteitagsverkehr einige Abschnitte neu auf eigenem Bahnkörper verlegen.

Der westliche Beginn der Neubaustrecke fädelte an der Tiroler Straße vom Gleis in der Frankenstraße aus, schwenkte nach hundert Meter ostwärts ab, durchschnitt das spätere Gelände der SS-Kaserne und stieg auf einem Damm an.

Bald wurde die bestehende Strecke in der damaligen Allersberger Straße überbrückt, ehe die Linie in Höhe des heutigen Möbelhauses Lutz nach Südosten schwenkte und in die bestehende Strecke einmündete. Am 9. September 1936 ging zum Reichsparteitag die neue Strecke in Betrieb.

Schon 1937 sollte indes wieder deren Ende nahen, denn für eine große SS-Kaserne hatte das Stadterweiterungsamt Nürnberg inzwischen das Areal südlich der Frankenstraße ausgewählt. Nachdem Hitler im September 1937 den sofortigen Baubeginn anordnete, waren die Tage der dortigen Straßenbahntrassen gezählt.

Unmittelbar nach dem Reichsparteitag 1937 musste am 7. Oktober die nur ein gutes Jahr alte Strecke wieder eingestellt werden. Man wollte sie durch eine weiter nordöstlich verlaufende Unterpflasterbahn ersetzen, doch dies wäre eine eigene Geschichte!

Eine weitere, ungefähr 200 Meter lange Neubaustrecke entstand auch in Steinbühl zwischen Landgraben- und Gugelstraße durch die Seuffertstraße (übrigens benannt nach einem Gerichtspräsidenten des 19. Jahrhunderts). Sie verband die Haltestellen Heynestraße und Humboldtstraße direkt – also ohne den Umweg über die Christuskirche – miteinander und diente eigentlich nur dem Durchgangsverkehr aus dem Bereich Plärrer in/aus Richtung Frankenstraße.

Normaler Linienverkehr fand hier zunächst nicht statt. Lediglich zu den Reichsparteitagen gab es eine Sonderlinie 18 E mit dem Laufweg Plärrer – Landgrabenstraße – Seuffertsraße – Frankenstraße – Flachweiher – Stadion.

Und auch nach Kriegsende erhielt die Seuffertstraße erst im Oktober 1948 einen regulären Straßenbahn-Linienverkehr in Form der nur werktags außer samstags verkehrenden Linie 23 (Schweinau – An den Rampen – Landgrabenstraße – Seuffertstraße – Frankenstraße).

Welche geringe Bedeutung der Abschnitt in Steinbühl besaß, belegt die Einstellung des Linienverkehrs durch die Seuffertstraße bereits zum 12. August 1959. Fortan verkehrte die „23“ mit einem kleinen Umweg über die Kreuzung Landgraben-/Gugelstraße. Das dazu nötige Gleisdreieck ist auch heute noch vorhanden, während an die Gleise in der Seuffertstraße so gut wie nichts mehr erinnert.

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