Schülerinnen im Ramadan zum Essen gezwungen?

27.6.2016, 08:00 Uhr
Schülerinnen im Ramadan zum Essen gezwungen?

© Marijan Murat/dpa

Mehtap Yüksel (Name geändert) steckt mitten im Prüfungsstress für ihren Quali. Bevor sie das Abschlusszeugnis in den Händen halten kann, muss sie einen Hauswirtschaftstest ablegen. Die Schüler kaufen ein, kochen und richten die Mahlzeiten an. Anschließend essen sie mit ihren Lehrerinnen.

Das ist der Punkt, an dem die Situation an der Sperberschule in der Südstadt offenbar eskaliert ist. Die 15-Jährige Yüksel und eine Freundin nahmen als externe Schülerinnen an der Prüfung teil. Denn an ihrer eigenen Schule wird der Test nicht angeboten. Sie teilten den beiden Lehrkräften mit, dass sie wegen des Ramadans nichts essen würden. Darauf sollen die Pädagoginnen Dinge gesagt haben, die die Mädchen als beleidigend empfanden.

„Eine Pflicht teilzunehmen“

„Ihr seid an einer christlichen deutschen Schule und wisst schon Wochen vorher, dass ihr heute eine Prüfung habt. Es ist Teil der Prüfung und eine Pflicht, am Essen teilzunehmen“, soll eine der Lehrerinnen laut dem Protokoll der Mädchen gesagt haben. Auf dem Aufgabenblatt für die Prüfung stehe nichts davon, sagen mehrere an der Prüfung teilnehmende Schüler. Die Lehrerinnen sollen weiter gesagt haben: Das Verhalten der Schülerinnen sei respektlos. Muslime wollten immer respektiert und toleriert werden, selber tolerierten und respektierten sie aber niemanden.

Auch der Satz „Ich akzeptiere den Islam erst, wenn in der Türkei Schweinefleisch gegessen wird“, sei gefallen. Das berichten drei Zeugen gegenüber der Redaktion. Yüksel versichert, die Lehrerinnen nicht provoziert zu haben, was Zeugen bestätigen. Sechs Leute waren im Raum: vier Schüler und die Lehrerinnen. „Das hat mich sehr beleidigt“, sagt Yüksel. Sie könne nicht nachvollziehen, was respektlos daran sei, zu fasten. Sie habe auch Angst um ihre Note.

70 Prozent Muslime

Der Rektor der Sperberschule, Sven Wößner, betont: „Selbstverständlich muss niemand mitessen.“ Die Kolleginnen hätten die Mädchen auch nicht dazu gezwungen. Mit respektlos hätten sie lediglich gemeint, dass die Schülerinnen sie vorher darüber hätten informieren müssen, dass sie fasten. Schließlich müsse das Essen vorbereitet werden.

Dass eine der Kolleginnen gesagt haben soll: „Ich akzeptiere den Islam erst, wenn in der Türkei Schweinefleisch gegessen wird“, kann Wößner nicht glauben. Stefan Kuen, Leiter des Staatlichen Schulamts und damit für die Mittelschule zuständig, betont, dass 90 Prozent der Mädchen und Jungen an der Sperberschule einen Migrationshintergrund hätten. 70 Prozent seien Muslime. In den vergangenen Jahren habe es nie derartige Beschwerden gegeben. Das gemeinsame Essen bei der Prüfung gehöre einfach dazu, es sei aber keine Pflicht und den Mädchen entstünde auch kein Nachteil, wenn sie fasteten.

Entschuldigung gefordert

Mehtap Yüksel geht es derweil vor allem um eine Entschuldigung. Sie betont, dass Rektor Wößner sehr bemüht gewesen sei, das Problem zu lösen; mehrfach habe es Gespräche gegeben. Er hat sich bei einer Präsentation der Mädchen, die von den kritisierten Kolleginnen bewertet wird, dazugesetzt. Wößner beschreibt die Mädchen als höflich. Auf eine Entschuldigung warten die beiden bis heute.