Steuerzahler sollen wieder bei Flughafen-Schulden ran

2.6.2014, 13:45 Uhr
Details sind noch zu klären, doch kommt die Geldspritze, darf sich Airport–Chef Michael Hupe über neue finanzielle Möglichkeiten freuen.

© Roland Fengler Details sind noch zu klären, doch kommt die Geldspritze, darf sich Airport–Chef Michael Hupe über neue finanzielle Möglichkeiten freuen.

Ist das jetzt der große Befreiungsschlag? Fakt ist, die finanzielle Not am Flughafen Nürn­berg ist aktuell unverändert groß. Allen bisherigen Bemühungen zum Trotz hat der Airport auch 2013 wie­der einen Verlust von rund 3,8 Mio. € eingeflogen, erklärten mit der Sache vertraute Experten.

2,47 Mio., 8,36 Mio., 3,12 Mio., 4,8 Mio. und 1,86 Mio. € lautet die finste­re Zahlenreihe für die Jahre davor bis 2008. Das hat dazu geführt, dass der Flughafen schon 2012 auf einem Schuldenberg von rund 130 Mio. € saß und knapp 6,8 Mio. € nur für Zinszah­lungen aufbringen musste.

Dieser Klotz am Bein aber soll künf­tig leichter werden. 2011 hatten Stadt Nürnberg und Freistaat Bayern, denen der Airport zu gleichen Teilen gehört, ihrer gemeinsamen Tochter schon einmal mit je 20 Mio. € per Ein­lage ausgeholfen. Jetzt soll der Steuer­zahler wieder ran. Darauf haben sich die beiden Gesellschafter nach langen Gesprächen im Kern geeinigt, wobei laut Insidern eine Teilübernahme des Schuldenbergs als Option favorisiert wird. Über die genaue Höhe wird noch verhandelt, der wohlhabende Freistaat soll zu einer größeren Sum­me tendieren als die Stadt. Ein Betrag zwischen 25 und 40 Mio. € gilt als denkbar, was auf Basis der 2012er Zahlen etwa 20 bis 30 Prozent der Ge­samtschulden entspräche.

Zwei Hindernisse gilt es zu überwinden

Zwei wesentliche Hürden gilt es zuvor noch zu nehmen: Zum einen die Frage, ob sich der Plan so umsetzen lässt, dass die Wettbewerbshüter der EU-Kommission nicht dazwischenfun­ken. Die Brüsseler Behörde hat gerade erst im Februar die „EU-Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughä­fen“ verschärft. Da aber auch Ausnah­men für Airports mit besonders hoher Bedeutung für eine Region vorgese­hen sind und die Möglichkeit, „im Ein­zelfall die Finanzierung eines Teils der Kapitalkosten“ zu übernehmen, sogar ausdrücklich genannt wird, soll­te sich für die Juristen hier eine was­serdichte Formulierung für den wichtigsten Flug­hafen Nordbayerns fin­den lassen.

Die höhere Hürde dürf­ten die Banken sein. Denn den Gesellschaf­tern schwebt offenbar vor, die Schulden nicht einfach in die eigenen Bü­cher zu übertragen, son­dern dem Airport Geld zu überweisen, mit dem dieser dann laufende Kre­dite vorzeitig ablöst. Das Interesse der Geldhäu­ser, dabei mitzuspielen, soll bisher jedoch über­schaubar sein. Sie müss­ten auf langfristige siche­re Zinszahlungen ver­zichten. Dass einige der beteiligten Banken ihre heutige Existenz selber nur der Rettung durch Steuergelder verdanken: scheinbar vergessen.

Letztlich aber, da ge­ben sich alle Akteure überzeugt, wird man eine endgültige Lösung finden, möglichst noch vor der Sommerpause — und der Flugha­fen hätte auf einen Schlag jedes Jahr einige Millionen mehr zur Verfügung, die er nicht mehr dem Schuldendienst opfern müsste. Und im operativen Geschäft sehen die Zahlen jetzt schon weniger dramatisch, wenn auch kei­neswegs gut aus.

Hoffnungsträger Hupe

Wirkt die Finanzspritze, könnte der Airport mit ein bisschen Glück tat­sächlich die Krankenstation verlassen und mit der Reha beginnen. Wie die anschlägt, hängt dann wesentlich von einem Mann ab: dem nicht mehr ganz, aber immer noch relativ neuen Air­port- Chef Michael Hupe, seit Novem­ber 2013 im Amt.

Der 49-Jährige musste in seinen ers­ten Monaten mehrfach die Erfahrung machen, dass sein neuer Job oft ziem­lich spaßbefreit daherkommt. Mit den Gesellschaftern etwa knirschte es ver­nehmlich, als Hupe in einem NN-Inter­view offensiv genau jene Entlastung bei den Schulden einforderte, die es jetzt geben soll. Für Irritationen nicht zuletzt in der verunsicherten Beleg­schaft sorgt zudem, dass Hupe selbst nach fränkischen Maßstäben kein großer Kommunikator ist, sich selten erklärt. Das macht natürlich angreif­bar, und der Airport-Chef muss dann auch liefern, soll sich das nicht gegen ihn wenden.

Die frohe Kunde ist: Das scheint Hupe zu können. Von den 20 Punkten beispielsweise, die das ein Jahr alte, von Finanzminister Markus Söder initiierte Entwicklungskonzept auflis­tet, sind sieben bereits umgesetzt oder in der Umsetzung, andere in der kon­kreten Vorbereitung. Das Konzept will der 49-Jährige außerdem um wei­tere Aspekte ergänzen.

Noch wichtiger: Auch das ungenutz­te Passagierpotenzial von 1,9 Millio­nen Fluggästen, die Studien dem Flug­hafen im Einzugsgebiet bescheinigen, kann Hupe in den Gesprächen mit den Airlines nach Stand der Dinge frucht­bar anbringen. Es ist nicht spruchreif und die Branche launig, aber sogar ein Comeback des Air-Berlin-Drehkreu­zes in kleinerer Variante ist zum Win­ter denkbar, sagen mit den Vorgängen vertraute Personen.

Die Verhandlungen über neue Ziele in Osteuropa laufen demnach eben­falls vielversprechend. Keine Überra­schung wäre zudem, wenn Ryanair zu­mindest die jüngst eingestellte, zuvor aber eigentlich gut ausgelastete Por­to- Strecke wiederbelebt, sobald der Billigflieger von Boeing die nächste Fuhre Flieger erhält.

Hupe könnte so auch die skeptische Grundstimmung drehen, die im Um­feld des Flughafens nach den vielen Hiobsbotschaften der vergangenen Jahre herrscht — was wiederum die Bereitschaft der Mitarbeiter steigern dürfte, mit einem zweiten Sanierungs­tarifvertrag noch einmal einen Bei­trag zur Genesung des Airports zu leis­ten. Die Gespräche darüber sollen in Kürze aufgenommen werden.

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