Süffiges aus den alten Felsenkellern in Nürnberg

8.4.2014, 09:40 Uhr
Süffiges aus den alten Felsenkellern in Nürnberg

© Michael Matejka



Die Idee, inhabergeführte Einzelhandelsgeschäfte mit individueller Note mit dem Prädikat „Nürnberger Meisterhändler“ auszuzeichnen, stammt vom City-Management im Stadterneuerungsgebiet Nördliche Altstadt. Ziel ist es, die Bereiche jenseits der Hauptflaniermeilen als attraktive Einkaufsstandorte in den Blick zu rücken.

Im Mittelalter galt Bier — es hatte einen wesentlich geringeren Alkoholgehalt als das heutige — als Grundnahrungsmittel. Und es war die Pflicht des Rates der Stadt, die Bürger ausreichend damit zu versorgen, und zwar zu Preisen, die selbst die Armen noch zahlen konnten. Heute spielt das Brauwesen in Nürnberg keine tragende Rolle mehr. Die ansässigen Brauereien kann man an einer Hand abzählen.

Malz für den Whisky

In der Hausbrauerei Altstadthof braut Reinhard Engel, Besitzer, Gastronom und Braumeister in Personalunion, handwerklich nach alten überlieferten Rezepten pro Jahr 1500 Hektoliter Bier (ein Hektoliter sind 100 Liter). Eingelagert wird es wie dereinst in den Felsenkellern der nördlichen Nürnberger Altstadt, die zwischen dem 14. und dem 19. Jahrhundert entstanden sind. Wer an einer Führung durch die unterirdischen Gänge teilnimmt, macht Bekanntschaft mit dem Bier aus der Hausbrauerei Altstadthof. Denn zum Abschluss gibt es davon ein Krüglein.

In der Bergstraße wird seit 1984 wieder gebraut. 1996 ist Engel in die Brauerei eingestiegen, zunächst als Pächter und bald darauf als Besitzer. Er hat neben dem klassischen Nürnberger Rotbier noch verschiedene weitere Biersorten und Bierdestillate eingeführt. Seit 2005 brennt er außerdem fränkischen Single Malt Whisky. Dafür verwendet er das gleiche Malz, aus dem auch das Rotbier gemacht wird. Die Rohstoffe Malz und Hopfen stammen aus Franken und der Oberpfalz und tragen das EU-Biosiegel.

Das hat allerdings seinen Preis. „Bio-Malz ist etwa dreimal so teuer wie konventionelle Ware“, sagt der Braumeister. Der Zentner Bio-Hopfen schlage mit 600 bis 650 € zu Buche und sei somit um 180 bis 200 € teuerer als herkömmlicher. Das ergebe Mehrkosten in Höhe von jährlich rund 35000 €.

Ziel eines kleinen Betriebes muss nach Ansicht des frischgebackenen „Nürnberger Meisterhändlers“ nicht Quantität, sondern Qualität sein und nicht Masse, sondern Klasse. Er vermarktet seine 1500 Hektoliter Bier, seine 2500 Flaschen Bierdestillate und ebenso viele Flaschen Whisky direkt. Was ihn der Sorge enthebt, dass seine Erzeugnisse in den Supermarktregalen mit Produkten von Großkonzernen konkurrieren müssen.

Handwerk mit Zukunft

„In der Gastronomie unterscheiden sich die Preise ohnehin nicht“, sagt Engel. Und die Kunden, die gezielt bei ihm kauften, seien sich der Qualität und Besonderheit der Produkte aus seinem Hause bewusst. Bewirtet wird im Bräustüberl. Etwa 30 Prozent der Gäste dort sind nach Angabe des Wirts Touristen. „Die Gastronomie ist gut ausgelastet.“ Mit Ausnahme des Bierbrotes aus Treber kommen hier keine Speisen in Bioqualität auf den Tisch. „Das zahlt niemand.“

In seinem Bier aber sei nichts, was nicht hineingehöre, kein Stabilisator — nichts. Ein Prinzip, das seiner Ansicht nach Zukunft hat. Er sieht einen Trend zu handwerklich gebrauten Bieren aus kleinen Brauereien und zu Whisky, der ebenfalls in Kleinbetrieben nach Kundenwunsch hergestellt wird. Deshalb wird es im Brauhaus bald drei neue Getränkesorten geben. Außerdem plant Engel, den Innenhof des 1000 Quadratmeter großen Areals neu zu gestalten und die Fassade herrichten zu lassen — auf dass die Bergstraße noch schöner werde.
 

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