Symposium: Was wird aus dem Reichsparteitagsgelände?

18.10.2015, 05:58 Uhr
Symposium: Was wird aus dem Reichsparteitagsgelände?

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In einem zentralen Punkt herrscht große Einigung: Eine Wiederherstellung von Bauteilen, die zerstört wurden oder verloren sind, kommt nicht in Frage. Unbedingt aber sollen das Gelände und nicht zuletzt die Zeppelintribüne selbst mit der markanten Rednerkanzel erhalten und begehbar bleiben. Doch wie könnte eine Gesamtkonzept aussehen?

„Es kommt vor allem darauf an, die Dimensionen zu veranschaulichen und begreifbar zu machen“, betont der Gründungsdirektor des erst vor ein paar Monaten eröffneten Münchner Doku-Zentrums, Prof. Winfried Nerdinger. Dafür sollte radikal „ausgelichtet“ werden, meint er. Das bedeutet: Was seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hingebaut oder gewachsen ist, soll möglichst verschwinden. Offen blieb freilich, wie weit der Freiraum reichen soll.

Für irreführend hält der Historiker die Rede von einer „Monumentalarchitektur“. Die Menschen seien keineswegs überrumpelt worden. Vielmehr müsse deutlich werden, wie sich der Staat die Begeisterung und Bereitschaft zur aktiven Beteiligung zu Nutze gemacht und manipuliert habe. Weitere Referenten wiesen darauf hin, dass die Nachkriegsgeschichte, in der sich exemplarisch die Entwicklungsetappen des Umgangs mit dem NS-Erbe spiegeln, inzwischen beinahe genauso wichtig und interessant seien wie die problematischen Überreste selbst.

Nachdrücklich plädierte der bekannte Filmregisseur Prof. Michael Verhoeven („Die weiße Rose“) dafür, den „Goldenen Saal“ dauerhaft zugänglich zu machen. Mehr noch: „Das ist eine Bühne, da sollte Theater gespielt werden!“ Wie und was, sei freilich erst zu entwickeln. Der unmittelbare, sinnliche Eindruck der steinernen Zeugnisse und der Gesamtanlage sei freilich weder durch noch so viel Lektüre oder moderne Video-Animationen zu ersetzen, waren sich Denkmalschützer und Historiker einig.

Fein abgestimmte Nutzung

Interessante Kontraste boten sich beim Blick auf das riesige Areal des früheren Flughafens Tempelhof in Berlin. Eine fein abgestimmte, durchaus auch kommerzielle Nutzung könne er sich auch für Nürnberg vorstellen, sagte der frühere Geschäftsführer Gerhard Steindorf. Parteipolitisch geprägte Veranstaltungen müssten dagegen tabu bleiben. 

Da es sich bei dem Nürnberger Reichsparteitagsgelände eindeutig um ein nationales Erbe handele, gehe es nicht an, dass „dieses Erbe zu erheblichen Teilen auf den Schultern der Stadt Nürnberg lastet“, unterstrich der Jenaer Professor und Leiter der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Volkhard Knigge. Allerdings müsse der Aufwand zur Erhaltung der toten Materie in vernünftigem Verhältnis zu dem für Bildung stehen. „Denn ich kann dort nur sehen und erleben, was ich schon weiß.“

Wenn das nicht gesichert sei, hielte er sogar – zumindest als provozierendes Gedankenspiel - einen Abbruch „als Event mit Hunderten oder Tausenden von Bürgern“ für akzeptabel.

In höchsten Tönen lobte der Schweizer Geschichtsdidaktiker Prof. Kurt Messemer die bereits vorhandenen pädagogischen Angebote, auch zur aktiven Beteiligung und selbständigen Erschließung: „Was Nürnberg in den vergangenen Jahrzehnten geleistet und aufgebaut hat, hat höchstes Niveau.“

Insgesamt beleuchten 16 hochkarätige Referenten in vier Blöcken Fragen von Architektur und Denkmalschutz, der pädagogischen Erschließung und Vermittlung sowie der Kunst. Die Abschlussrunde am Sonntagvormittag ist der geschichtlichen Einordnung gewidmet.

Eine Auswahl der Einsendungen wird gegebenenfalls auch auf der gedruckten Meinungsseite in den Nürnberger Nachrichten mit Angabe des Namens und des Wohnorts (ohne Straßenangabe) erscheinen. Falls Sie damit nicht einverstanden sein sollten, bitten wir Sie, dies in Ihrem Kommentar zu vermerken. Hier geht's zum Leserforum.