Tipps, damit es unterm Tannenbaum nicht kracht

25.12.2016, 10:00 Uhr
Tipps, damit es unterm Tannenbaum nicht kracht

© Symbolbild: colourbox.de

Frau Hörchner, wir freuen uns doch eigentlich fast alle auf die Feiertage. Warum halten wir das Zusammensein dann manchmal trotzdem nur schwer aus?

Andrea Hörchner: Das hat verschiedene Gründe. Zum einen kann es an dem Vorbereitungsstress liegen, der uns jedes Jahr zu schaffen macht. Wir hetzen durch die Adventszeit und sind dann an den Feiertagen völlig erschöpft. Zum anderen kann es aber auch an den persönlichen Erwartungen liegen. Wir freuen uns auf ein paar harmonische, entspannte Tage, da können wir mit Konflikten besonders schlecht umgehen.

Aber wir könnten doch alle strittigen Themen einfach außen vor lassen.

Hörchner: Das funktioniert leider häufig nicht, denn gerade an Weihnachten tauchen unverarbeitete Konflikte aus der Vergangenheit wieder auf. Und weil man viel Zeit miteinander verbringt, schaukelt sich das gerne mal hoch. Da tauchen sogar alte Kindheitsmuster wieder auf, weil man gerade unterm Tannenbaum an die Situationen erinnert werden kann, die schwierig waren.

Tipps, damit es unterm Tannenbaum nicht kracht

© Foto: privat

Wie denn das? Vielleicht haben Sie mal ein Beispiel!

Hörchner: Es kann sein, dass Tante Gertrud jedes Jahr wieder die gleichen kratzigen Socken an uns verschenkt und wir das Gefühl haben, dass sie gar nicht weiß, was uns wichtig ist. Oder es geht um den Christbaumschmuck, der angeblich immer nur vom Bruder ausgesucht wird. Das gipfelt dann gern in dem Vorwurf, dass der ja sowieso immer alles bestimmen will, was so vielleicht gar nicht stimmt.

Soll heißen, zu so einem Konflikt gehören immer zwei dazu?

Hörchner: Ja, natürlich, da gießen meistens beide Seiten Öl ins Feuer. Genaue Zahlen gibt es zwar nicht, aber ich weiß aus meiner beruflichen Praxis, dass es gerade bei Familienfesten oft zum großen Knall kommt. Schließlich wird man an uralte Muster erinnert, ist plötzlich wieder Kind, obwohl man eigentlich längst schon erwachsen ist. Das kann durchaus von den Eltern ausgehen, die nicht akzeptieren können, dass ihr Nachwuchs längst flügge ist. Die Kinder lassen es in vielen Situationen aber auch zu.

Wie könnte es denn besser laufen?

Hörchner: Es geht darum, auf friedvolle Art Grenzen zu setzen und sich im Vorfeld über die eigenen Bedürfnisse auszutauschen. Weihnachten ist das besonders wichtig, denn kein anderes Fest ist derart mit Erwartungen überfrachtet. Wenn sich diese nicht erfüllen, tut das besonders weh.

Aber viele halten gern an liebgewordenen Ritualen fest.

Hörchner: Genau das kann das Problem sein. Da bereiten dann die erwachsenen Kinder vielleicht aus Rücksicht auf die Eltern eine Weihnachtsgans zu, weil es die immer gab, obwohl sie das furchtbar stressig finden. Hilfreicher wäre es, gemeinsam nach Alternativen zu suchen und dem anderen gleichzeitig zu vermitteln, dass man die Mühe, die sich beispielsweise die eigene Mutter jahrelang gemacht hat, durchaus zu schätzen wusste. Nur passt es eben nicht mehr zum eigenen Lebensentwurf. Bei uns hat meine Mutter früher immer am zweiten Weihnachtstag groß aufgekocht. Mit zunehmendem Alter wurde ihr das zu viel und wir gehen zum Essen ins Lokal. Schön ist es trotzdem. Die Rituale haben sich verändert, aber mit einer wohlwollenden Grundhaltung geht das.

Die Menüzettel für dieses Fest sind längst geschrieben, aber es geht ja nicht nur ums Essen. Haben Sie einen Last-Minute-Tipp für ein frohes Fest?

Hörchner: Es hilft immer, ehrlich zu sein und die eigenen Bedürfnisse anzusprechen, ohne den anderen mit Vorwürfen zu konfrontieren. Wichtig ist es, die Wünsche aller Beteiligten im Vorfeld zu hören, dann sollte es eigentlich möglich sein, sich zu einigen. Wenn die Konstellationen allerdings sehr festgefahren sind und die Konflikte immer wieder aufbrechen, sollte man sich professionelle Hilfe holen, damit es nicht zum totalen Bruch kommt. Denn darunter leiden dann alle. Professionelle Mediatoren können „übersetzen“, was die jeweils andere Seit meint, und mit ihren Methoden dafür sorgen, dass beide Seiten Verständnis füreinander entwickeln können.

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