Üble Nachrede: Nürnberger Linken-Stadtrat kassiert Geldstrafe

1.5.2016, 15:31 Uhr
Üble Nachrede: Nürnberger Linken-Stadtrat kassiert Geldstrafe

© Foto: Mona Burger

Es sollte ein Aktion von symbolischem Charakter sein: Trotz Wohnungsnot stehen viele Gebäude leer, das war das Signal, das vier linke Aktivisten am 26. Juli 2015 aussenden wollten, als sie sich in der Villa neben der Metro in der Bucher Hauptstraße einrichteten und Transparente mit der Aufschrift "Leerstand nutzen, Wohnraum für alle" an die Fassade hängten.

An jenem Sonntag war auch Titus Schüller vor Ort. Der Stadtrat kritisiert regelmäßig die Mietpreisentwicklung als Folge einer verfehlten Wohnungspolitik. Er beobachtete er von der Straße aus die Hausbesetzung und die Räumung durch ein Spezialkommando (SEK) der Polizei.

Neun Stunden war das Anwesen, in dem früher ein Institut für Lebensmittel-, Wasser- und UmweltAnalyse untergebracht war, besetzt. Die Aktivisten hatten die Zugänge mit Euro-Paletten versperrt. Die SEK-Kräfte öffneten mit einer Ramme Türen, stiegen über den Balkon und zertrümmerten Scheiben, um in das Haus zu gelangen.

Unmittelbar nach dem Einsatz beschrieb der Einsatzleiter die Besetzer-Gruppe als "unkooperativ". Ganz anders fiel Schüllers Eindruck aus. Ihn habe erschreckt, wie gewaltbereit die Polizei vorging, schildert er im Amtsgericht. Er beschreibt, dass er beobachtet habe, wie ein junger Mann zu Boden gedrückt und weggeschleift wurde.

Gewaltmonopol überschritten?

Schüller trägt dies sehr sachlich vor, doch in seiner damaligen Empörung schoss er über sein Ziel, vermutetes Unrecht zu benennen, hinaus: Empört fotografierte er den Polizisten. Aus Schüllers Sicht hatte der Beamte das ihm vom Staat verliehene Gewaltmonopol überschritten. Er stellte dessen Foto ins Netz und prangerte den Polizisten auf seiner Facebook-Seite als Prügler an.

Der Stadtrat hätte den Polizisten auch wegen Körperverletzung im Amt anzeigen können. Schließlich stimmen im Rechtsstaat nicht Facebook-Nutzer darüber ab, ob der SEK-Mann die Linie zwischen erlaubter und unverhältnismäßiger Gewalt überschritten hat, sondern Ermittler sammeln Indizien – und dass nicht jeder Polizist immer die Regeln einhält, zeigen entsprechende Strafverfahren.

Es war der Polizist, der Anzeige erstattet hat. Heute räumt Schüller ein, dass er nicht sah, dass der Beamte zuschlug. Dass er sich auch nicht erkundigte, warum besagter junger Mann weggetragen wurde. Aber als sich der Polizist später bei ihm über den Internet-Eintrag beschwerte, habe er ihn sofort entfernt.

Den Mann als Prügel-Polizisten darzustellen, ist eine Verleumdung, dass er dessen Foto zeigte, verstößt gegen das Recht am eigenen Bild. Die Strafe entspricht mit 60 Tagessätzen zwei Monatsgehältern, vorbestraft ist Schüller damit nicht.