Welpenschmuggel belastet das Nürnberger Tierheim

7.4.2016, 11:23 Uhr
Welpenschmuggel belastet das Nürnberger Tierheim

© Foto: Tierheim

NZ: Kommt es einem nur so vor, oder nimmt das Geschäft mit Schmuggelwelpen immer mehr zu?

Dagmar Wöhrl: So genau kann man das nicht sagen. Dass immer mehr Welpen bei uns landen, könnte auch daran liegen, dass der Zoll mittlerweile sensibilisiert ist. Normalerweise kontrollieren die Beamten Transporter nämlich nicht auf Welpen. Sie werden eher zufällig entdeckt, wenn nach Zigaretten gesucht wird. Die Fahrer zeigen dann Papiere – es liegt an den Zollbeamten zu erkennen, ob diese auch echt sind. Wenn Welpen jünger als 15 Wochen sind, dann kann etwas nicht stimmen. Dank Aufklärungsarbeit fällt das immer häufiger auch auf.

NZ: Und trotzdem werden immer wieder Transporte gestoppt. Wie lohnenswert ist das Geschäft für Schmuggler?

Wöhrl: Sehr lukrativ. Die reinrassigen Tiere werden auf Hundemärkten
in Belgien und Spanien angeboten, Deutschland ist dabei nur Durchreiseland. Bei dem großen Transport von 2012 mit 92 Welpen hätten die Schmuggler etwa 80.000 bis 90.000 Euro erlösen können – und das bei geringen „Herstellungskosten“. Die Muttertiere werden einfach in Kellern gehalten, sind ausgemergelt, die Zitzen hängen bis auf den Boden und sie sollen einfach nur werfen, werfen, werfen.

Welpenschmuggel belastet das Nürnberger Tierheim

NZ: Welche Strafen drohen den Schmugglern?

Wöhrl: Bislang werden die Vergehen als Ordnungswidrigkeiten geahndet. 5000 Euro kostet es normalerweise, wenn sie erwischt werden. Die Geldstrafen müssten viel, viel höher sein. Hierfür setze ich mich auch bundespolitisch ein.

NZ: Welche Maschinerie läuft im Tierheim an, wenn ein Transport gestoppt wird?

Wöhrl: Entweder die Tiere kommen direkt zu uns, oder unsere Mitarbeiter fahren zu den gestoppten Autos. Das Bild, das sich ihnen dort bietet, ist grausam. Da werden oft gleich mehrere Wuschel zusammen in kleine Kaninchenboxen gepfercht. Die Tiere sind kotverschmiert, haben Krankheiten und Parasiten. Im Tierheim werden alle untersucht, behandelt, teilweise mit der Flasche aufgezogen. Für die Mitarbeiter ist das eine enorme psychische Belastung. Auf Überstunden schaut da keiner.

NZ: Reicht das Welpenhaus für die Schmuggelwelpen überhaupt aus?

Wöhrl: Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass wir mit dem Welpenhaus gut auf Schmuggelwelpen vorbereitet sind, deshalb kommen viele Transportwelpen auch zu uns. Wenn aber viele Hunde auf einmal hier landen, dann kann es knapp werden. Wir weichen im Notfall auf andere Gebäude aus, da muss man flexibel sein.

NZ: Schmuggelwelpen werden meist nur zu Pflegestellen vermittelt. Warum geht das nicht gleich endgültig?

Wöhrl: Viele Schmuggler besitzen die Frechheit, die beschlagnahmten Welpen zurückzufordern. Ein Tier ist nach der Definition des Gesetzgebers eine Sache – und Sachen haben eben Eigentümer. Wir können nicht einfach über das Eigentumsrecht verfügen. Solange die Schmuggler die
Tiere nicht freigeben, können sie nicht endgültig vermittelt werden.

NZ: Was kostet die Versorgung der Schmuggelwelpen?

Wöhrl: Etwa 1000 bis 1500 Euro pro Tier. Das kommt immer auf den gesundheitlichen Zustand an. Haben sie etwa Parvovirose wie die Welpen aus dem Dezember-Transport, dann ist die Versorgung besonders kostspielig, weil das Medikament so teuer ist. Bei einem mittelgroßen Transport kommt man schnell auf Beträge im sechsstelligen Bereich.

NZ: Wer kommt für die Kosten auf?

Wöhrl: Wir. Und dabei stelle ich jedes Jahr aufs Neue sowieso schon einen Haushalt auf, der auf dem Prinzip Hoffnung basiert. Schmuggelwelpen sind dann noch gar nicht mit einberechnet. Auch bei den Fundtieren, für deren Unterbringung eigentlich die Stadt bezahlen müsste, tragen wir einen Großteil der Kosten. Für September plane ich in Nürnberg eine Konferenz für alle deutschen Tierheime, in der es unter anderem um eine bessere Finanzierung der Tierheime durch die Kommunen gehen wird.

NZ: Wie steht es um die Spendenbereitschaft für das Tierheim?

Wöhrl: Tierheime stehen bei der
Spendenbereitschaft leider an letzter Stelle. Natürlich sind wir dankbar für jede Spende und jede ehrenamtliche Unterstützung. Mit unseren gewachsenen Aufgaben und Verpflichtungen wächst aber auch unser Bedarf an weiteren Spenden.

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