Wunde Punkte in der Stadt: Nürnberg kann keine Plätze

11.9.2015, 06:00 Uhr
Nürnberg hat viele "wunde Punkte": Am Friedrich-Ebert-Platz in der Nordstadt fühlen sich die Menschen nicht aufgenommen, sondern durchgeschleust.

© Günter Distler Nürnberg hat viele "wunde Punkte": Am Friedrich-Ebert-Platz in der Nordstadt fühlen sich die Menschen nicht aufgenommen, sondern durchgeschleust.

Das Dilemma hat wohl auch historische Gründe. Was im Zweiten Weltkrieg weggebombt wurde, ist verloren. Dazu gehört wohl auch die Fertigkeit, gute, einladende Plätze zu gestalten. Selbst wenn einer der Unorte - vom Friedrich-Ebert-Platz über den Aufseßplatz bis hin zum Südstadtpark - neu- oder umgestaltet werden soll, beschleicht den Beobachter ein mulmiges Gefühl. Denn es wird selten besser.

Stadtplaner scheinen das Gefühl für urbane Qualitäten restlos verloren zu haben. Dabei hat gerade die Südstadt großen Bedarf an harmonischen Orten, an denen sich die Menschen begegnen können - und wollen. Wie schwer das offenbar ist, zeigt seit 2002 der Südstadtpark, der sich als schmaler Streifen südlich der Bahngeleise nahe dem Hauptbahnhof erstreckt.

Verlegenheitsgrün, Rankpflanzen, die nicht recht ranken wollen, schnurgerade Wege, Gras. Wer möchte hier flanieren? Die meisten hetzten schnell über die Grünfläche. Das legt einen Schluss nahe: Vielleicht gehört das Schlendern nicht zu den Gangarten einer Gesellschaft, die ihre Plätze längst restlos dem Verkehr geopfert hat, oder lärmenden Events. Dass sofort geklagt wird, wenn ein neuer Platz die Erwartungen nicht erfüllt, widerspricht dem allerdings. Es scheint, die Menschen wollen Plätze. Nur richtig gute gibt es kaum.

Kreativität im Ansatz erstickt

Zweites Beispiel: Der Friedrich-Ebert-Platz. Kaum fertiggestellt, löste er Entsetzen aus. Die Menschen fühlten sich durchgeschleust, statt aufgenommen. Noch dazu versperrte ein monströser U-Bahn-Aufgang den Blick auf eines der schönsten Jugendstilgebäude am Platz. Doch die Sachzwänge des zu bewältigenden Verkehrs, des privaten wie des öffentlichen, hatten jede Kreativität im Ansatz erstickt.

Schon zehn Jahre alt ist der umgestaltete Aufseßplatz, und die Beschwerden über die "Pflasterwüste" nehmen kein Ende. Dass hier die wenigen alten Bäume gefällt wurden, rächt sich. Nun sollen Pergolen den Schatten spenden, den es nicht mehr gibt. Die Reparatur der Reparatur, ob das wohl gutgeht?

Gute Plätze, das erleben viele, sind nur im Urlaub zu besichtigen. In Frankreich oder Italien, wo die Bomben die Tradition der Platzgestaltung nicht radikal weggebombt haben. Nürnbergs Plätze dagegen sind und bleiben wunde Punkte.

Unter 30 Plätzen im Stadtgebiet haben die Nürnberger abgestimmt, welcher ihnen am besten gefällt. Das Ergebnis sehen Sie in unserer Bildergalerie.