Würdiger Neubau: Besichtigung des Strafjustizzentrums

14.11.2017, 18:24 Uhr
Spätestens im Herbst 2019 soll der Neubau des Strafjustizzentrums komplett fertig sein. Dann stehen der Nürnberger Strafjustiz sieben große und mit modernster Technik ausgestattete Säle zur Verfügung.

© Ralf Rödel Spätestens im Herbst 2019 soll der Neubau des Strafjustizzentrums komplett fertig sein. Dann stehen der Nürnberger Strafjustiz sieben große und mit modernster Technik ausgestattete Säle zur Verfügung.

Autofahrer und Fußgänger, die regelmäßig die Fürther Straße passieren, können die Baufortschritte des neuen Strafjustizzentrums auf Anhieb sehen: Die Montage der schmalen, hohen Fensterelemente ist nahezu abgeschlossen, die Stahlbeton-Fertigteil-Fassade steht. Die Beton-Elemente wurden sandgestrahlt, so erhält der Neubau eine "leichte warme Farbigkeit, passend zur Sandsteinfassade des Justizpalastes", so Architekt Dirk Lämmel. Das Leipziger Architekturbüro ZILA beeindruckte mit seinem Entwurf im Wettbewerb – schließlich war es eine heikle Aufgabe, sich diesem denkmalgeschützten Justizgebäude, erbaut im Stil der Renaissance und 1916 von König Ludwig III. eingeweiht, mit einem würdigen Neubau zu nähern.

27-Millionen-Euro-Projekt

Neben der Fassade überzeugen auch die inneren Werte: Die Sicherheitstechnik ist auf dem neuesten Stand, das Gebäude wird gut zugänglich und auch für behinderte Menschen leicht nutzbar. Errichtet wird in Passivbauweise. Zur aufwendigen Dämmung gesellen sich dreifach verglaste Fenster und eine Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung schildert Gabriele Gunzelmann, Bereichsleiterin Hochbau des Staatlichen Bauamt Erlangen-Nürnberg.

Zwar ist der Justizpalast, der sich von der Bärenschanze bis fast zur Maximilianstraße erstreckt, mit 22.000 Quadratmetern Nutzfläche das größte Justizgebäude Bayerns, doch die rund 60 Sitzungssäle und über 500 Büroräume reichen schon lange nicht mehr aus. Spätestens im Herbst 2019 soll der Neubau mit einer Nutzfläche von 3550 Quadratmetern die Raumnöte lindern. Ursprünglich war die Fertigstellung für Ende 2017 geplant, doch Ärger um Schwarzarbeiter eines Subunternehmers brachten zwischenzeitlich einen Baustopp und verzögerten den Termin. Und die Hochkonjunktur im Baugewerbe brachte mit sich, dass die Planer im Staatliche Bauamt, wie viele private Bauherren auch, erleben mussten, dass eine Firma einfach fernblieb, doch Ersatz für die Lüftungsbauer ist gefunden.

Mit dem neuen Justizkomplex stehen der Nürnberger Strafjustiz künftig sieben Säle für größere Strafprozesse zur Verfügung – dies sind vier Sitzungssäle mehr als bisher, rechnet der Christoph Strötz, Präsident des Oberlandesgerichts und künftiger Hausherr, vor. Der größte Sitzungssaal, quasi der neue Schwurgerichtssaal, wird im Erdgeschoss angesiedelt, in den Stockwerken darüber werden sich die weiteren Säle befinden, so dass alle sieben Sitzungssäle mit einem zentralen Aufzug erreichbar sein werden. Dies dient dem Vorführdienst der Justizwachtmeister: Inhaftierte Angeklagte werden von ihren Hafträumen in der Mannertstraße zu den Hafträumen im Keller des Justizzentrum geleitet und in die Sitzungssäle gebracht.

Keine enttäuschten Touristen mehr

Mehr als ein Nebeneffekt des 27-Millionen-Euro-Projekts: Die Gerichtsgerichtssäle werden mit moderner Technik ausgestattet, um künftig in Prozessen eingeführte Dokumente auf großen LED-Bildschirmen oder per Beamer präsentieren zu können. Auch Nürnbergs Kulturreferentin Julia Lehner (CSU) und Henrike Claussen, Leiterin des Memorium Nürnberger Prozesse, nehmen die Chance, die Baustelle zu besichtigen, gerne an – denn wenn der Neubau der Justiz steht, wird der Ostflügel des Justizpalasts zum reinen Museum, das Memorium Nürnberger Prozesse wird erweitert, und kein Besucher des Museums muss mehr auf die Besichtigung des Saals 600 verzichten.

Denn bis heute wird in dem Saal, in dem 1945 und 1946 über die Nazi-Führer geurteilt worden war, über Mord und Totschlag verhandelt — und genau deshalb ziehen noch immer einige Touristen enttäuscht von dannen, weil sie nicht einmal einen Blick auf diesen einzigartigen Schauplatz der Weltgeschichte erhaschen konnten. Zwar erlaubt im Hauptausstellungsraum des Memoriums eine Glasfront den Blick auf den schräg darunter liegenden Saal, doch die Fenster müssen während laufender Gerichtsverhandlungen geschlossen werden. Auch mit der Filiale der Autowerkstatt-Kette "Pit-Stop" auf dem Platz vor dem Museum ist bald Schluss: Deren Pachtvertrag endet, ein Informationszentrum mit Cafeteria ist geplant.

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