Als der Pendolino vor 25 Jahren die Bahngleise eroberte

05.06.2017, 18:43 Uhr
Als der Pendolino vor 25 Jahren die Bahngleise eroberte

© Foto: Archiv/Roland Löb

Der mit italienischer Technik ausgestattete Pendolino glich die Nachteile der altehrwürdigen Strecke durch das Pegnitztal mit seiner neuartigen Kurventechnik aus und ermöglichte so Fahrzeiten von weniger als 40 Minuten zwischen Pegnitz und Nürnberg und gerade einmal einer Viertelstunde zwischen Pegnitz und Bayreuth. Groß waren deshalb die Erwartungen, die Verantwortliche wie Bahnkunden in den "Zug mit Takt und Tempo" setzten.

Neue Lebensader

Als am 15. Juli 1877 der erste Zug von Nürnberg nach Bayreuth dampfte, war von einer neuen Lebensader die Rede, die Fortschritt und Anschluss an die neue Zeit bedeutete. Den Städten und Gemeinden entlang der Linie sollte die Bahn industriellen Aufschwung bringen. Deshalb versuchte auch jeder Bürgermeister mit allen Mitteln, die Bahn durch seinen Ort zu leiten und eine Haltestelle zu bekommen. Viele schafften es, viele wurden enttäuscht, unter anderem Bayreuth, das damals wie heute mit einer Nebenstrecke vorlieb nehmen musste.

Wie sah der Fahrplan der damaligen Zeit aus? Im ersten Jahr nach der Eröffnung verkehrten auf der Jubiläumsstrecke täglich nur sechs Züge, drei in jeder Richtung, jeweils einer zu den Haupttageszeiten. Morgens und abends handelte es sich dabei um so genannte "gemischte Züge", die auch Güterwaggons mitführten, mittags um einen Personenzug. Am deutlichsten wird der technische Fortschritt durch die Einführung der Neigetechnik beim Vergleich der Fahrzeiten: War früher ein Zug zwischen Bayreuth und Nürnberg um die vier Stunden unterwegs, so brauste der Pendolino fortan mit bis zu 160 "Sachen" durch die Lande.

Pegnitz als Drehscheibe

Pegnitz avancierte bei diesem neuen Verkehrsmodell zur Drehscheibe, wurden doch die Zuggarnituren hier im "Flügelbahnhof" für die Weiterfahrt nach Bayreuth oder Marktredwitz und Hof getrennt oder in der Gegenrichtung wieder vereinigt. Der eigentliche Vorteil aber bestand im Taktverkehr, der ab sofort auch auf überregionale Anschlüsse in Nürnberg abgestimmt war.

Die Erwartungen waren also groß, als Lokführer Helmut Rösler 1992 nach einem Festakt in Bayreuth den ersten Pendolino in die Noris startete. Überall an der Strecke standen interessierte Bürger, viele Orte hatten sogar Feste organisiert und in Neuhaus/Pegnitz wartete Bürgermeister Hans Leißner sogar mit einer Blaskapelle und Sekt auf den Premierenzug, hatte man doch erfolgreich um den Halt des "Provinz-ICE" gekämpft.

Zahlen explodierten

Warum diese Eisenbahn-Revolution unter dem Motto "Zug mit Takt und Tempo" ausgerechnet in Oberfranken stattfand, hatte einen ganz einfachen Grund: Damals saßen mit dem Landwirtschaftsminister Simon Nüssel und dem Verkehrsminister Dr. Jürgen Warnke zwei oberfränkische Spitzenpolitiker an einflussreichen Stellen in München und Bonn, die die einmalige Chance beherzt aufgriffen.

Mit Hilfe eines zinsgünstigen Kredits des Freistaats Bayern konnte die Bundesbahn das Projekt in Angriff nehmen und der Erfolg gab ihr recht: Die Passagierzahlen explodierten regelrecht und der Pendolino war bald so beliebt, dass ihm das sogar zum Verhängnis zu werden drohte, musste doch die Neigetechnik mitunter wegen völliger Überfüllung der Züge abgeschaltet werden.

Regio-Swinger als Ersatz

22 Jahre später fuhr der legendäre Pendolino nach rund 100 Millionen Kilometern aufs Abstellgleis im Nürnberger Verkehrsmuseum. Der Regio-Swinger trat an seine Stelle. Wann mit einer lange geforderten Elektrifizierung der Strecke der nächste technische Quantensprung folgt, steht in den Sternen.

Mehr Bilder im Internet unter www.nordbayern.de/pegnitz

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