Hydranten-Gigant in 100-Seelen-Ortsteil von Pottenstein

27.03.2019, 16:30 Uhr
Hydranten-Gigant in 100-Seelen-Ortsteil von Pottenstein

© Richard Reinl

Etwas verschämt steht der Gigant in einer Ecke zwischen einem Holzschuppen und Altglas-Containern. Niemand vermutet auf den ersten Blick im R1-DN 150 der Firma Hawle aus Freilassing einen „Flughafenhydranten“ von einer Dimension, wie er nicht einmal auf den Airports in München oder Nürnberg vorgehalten wird, sondern nur noch auf der „Rhein-Main“-Drehscheibe in Frankfurt und bei einem der größten Chemie-Werke Bayerns.

Warum steht ein solches Prachtexemplar ausgerechnet im 100-Seelen-Ort Wannberg? Als die Pegnitzer Firma Baier + Köppel hier einen neuen heimatnahen Standort mit einem Kostenvolumen von rund 22 Millionen Euro plante, sahen die ersten Überlegungen auch eine aufwändige Löschwasserversorgung mit mehreren über das ganze Gelände verstreuten Hydranten vor. Bis Hans Hümmer, der Werkleiter der Juragruppe, in Gesprächen mit der Firma Hawle auf die Idee kam, statt dessen einen „Flughafenhydranten“ zu setzen, an dem im Ernstfall über 20 Löschfahrzeuge gleichzeitig andocken können. Möglich macht dies der Zufall, dass unmittelbar am Firmengelände eine 500er-Hauptleitung des Wasserversorgers vorbeiführt. Firmenchef Bernd Köppel war sofort „Feuer und Flamme“ für diese innovative Idee, sparte sie ihm doch nicht zuletzt eine sechsstellige Summe ein.

2500 Tonnen Wasser in der Leitung

Jetzt, da die neue Werkshalle bezugsbereit ist, war es Zeit, die im Alarmplan vorgesehenen Feuerwehren in die Besonderheiten einzuweihen, wobei die Schwierigkeit nicht etwa darin liegt, die Schieber aufzudrehen, sondern vielmehr in einem kontrollierten „Wasser stop“. Hans Hümmer verdeutlichte dies mit eindrucksvollen Zahlen. So stehen am Hydranten auf der 13 Kilometer langen Strecke von den Hochbehältern Adlitz und Hohenmirsberg her nicht weniger als 2500 Kubikmeter Wasser an. Wenn sich diese 2500 Tonnen Gewicht bei einem abrupten Wasserstopp über Berg und Tal aufschaukeln, steigt der Druck nach Berechnungen auf bis zu 19 bar mit unabsehbaren Folgen für die Leitungen.

© Richard Reinl

Zusätzlich zum Wasservorrat in den duktilen Gussrohren stellt die Juragruppe über eine automatische Behälter-Niveausteuerung eine konstante Feuerlöschreserve von 2000 Kubikmetern bereit, die im Bedarfsfall über die Zuschaltung der Brunnen Bronn, Scherleithen und Moggendorf um weitere 700 Kubikmeter pro Stunde erhöht werden kann. Hümmer: „Dies kann mit Fug und Recht als eine gigantische, beinahe unerschöpfliche Löschwasserreserve bezeichnet werden.“ Mit dem tatsächlichen Dargebot von 450 Kubikmetern in der Stunde würden die Forderungen für den Brandschutz 2,3-fach übertroffen.

7300 Liter pro Minute ohne Pumpen verspritzt

Zahlreiche interessierte Besucher, vom Pottensteiner Bürgermeister Stefan Frühbeißer bis zu den Nachbarn der neuen Firma, kamen beim Praxistest aus dem Staunen nicht heraus, als die rund 100 Aktiven über vier Förderstrecken aus allen verfügbaren Rohren eine regelrechte Wasserwand mit 7300 Litern pro Minute in den angrenzenden Wald spritzten und das ohne jegliche Pumpenunterstützung, die aber über Löschfahrzeuge jederzeit zuzuschalten wäre.

Kreisbrandinspektor Stefan Steger erläuterte den ausgeklügelten Alarmplan, bei dem zunächst die örtlich zuständige Wehr aus Elbersberg gefordert ist, mit Unterstützung aus Bronn und Kirchenbirkig. Sollte sich ein Brand bestätigen, kommen Willenreuth sowie die beiden Löschzüge 12 Bronn/Troschenreuth und 7 Pottenstein dazu sowie Pegnitz mit seinen Sondergeräten vom Wasserwerfer über die Drehleiter bis hin zu Speziallöschmitteln. Steger zeigte sich begeistert vom Hydranten-Praxistest und kündigte zudem für die nächsten Monate eine Alarmübung an.

Für die Firmenleitung bedankte sich der technische Produktionsleiter Jürgen Brendel bei den Feuerwehren und der Juragruppe für das gezeigte Engagement. Das enorme Wachstum der Firma habe über die angemieteten Flächen im Pegnitzer Industriegbiet „Kleiner Johannes“ und in Creußen hinaus diese Investition notwendig gemacht.

120 Meter lange Produktionshalle

Die neue Produktionshalle hat eine Abmessung von 120 Mal 65 Metern. Zu diesen 7.800 Quadratmetern kommen noch 1.300 Quadratmeter Technik- und Sozialräume sowie 1.700 Quadratmeter Bürofläche, genügend Platz für über 350 Mitarbeiter. Ab Montag soll vorrangig der Elektronikbereich mit seiner eigenen Entwicklungsabteilung nach Wannberg umziehen, während die zerspanende Produktion am Hauptsitz in Pegnitz bleibt. Ein großzügiger Logistikbereich machen Anlieferung und Abholung zeitgemäß und rationell möglich. 

Licht im neuen Glasfaserkabel

Schließlich zeigte sich auch Bürgermeister Stefan Frühbeißer bei der Einweihung der Kantine durch die Feuerwehr glücklich über den Neubau. Da es sich um ein wichtiges Projekt für die Zukunft des ländlichen Raums handele, sei es umso wichtiger gewesen, dass die Investition so schnell und weitgehend reibungslos abgewickelt werden konnte. Das Stadtoberhaupt voller Stolz: „Heute ist die Firma BEKA in Wannberg das erste Unternehmen in Pottenstein mit Licht auf dem neu verlegten Glasfaserkabel.“ 

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