In höchster Höhe ein Haus für Wanderfalken
11.05.2014, 09:43 Uhr„Das, was wir hier tun, ist sehr wichtig“, erklärt der Vorstand von „Artenschutz in Franken“, Thomas Artur Köhler. Er spricht zu Grundschulkindern, die verblüfft nach oben schauen Denn ein Kran hievt gerade einen grauen Betonklotz dreißig Meter in die Höhe: Es it ein Nistkasten für Wanderfalken, der 260 Kilogramm wiegt und auf ein Stahlgestell geschraubt wird – nur ein paar Meter unterhalb der Fahrbahn, wo die Autos zischen. Später, wenn der unscheinbare Kasten mit Steinen befüllt und das Anflugbrett angebracht ist, wiegt er sogar 350 Kilogramm.
„Wir haben schon öfter kleinere Nistkästen für Turmfalken angebracht“, erinnert sich Köhler und zeigt auf einen, der an einem anderen Träger der Autobahnbrücke montiert ist. Hier nistet bereits ein Turmfalkenpärchen und ist gerade dabei, für Nachwuchs der seltenen Art zu sorgen.
Solch eine Betonbehausung, wie sie hier angeschraubt wird, ist allerdings auch im Artenschutz eher ungewöhnlich. Lediglich sechs solcher „Wohnungen“ in luftiger Höhe wurden bisher gebaut.
Eine teure Bude
Billig ist dieses Projekt, das vom World Wildlife Fund (WWF) und von Bosch gesponsort wird, nicht: 6000 Euro kostet es, bis alles fertig ist. Es sei natürlich klar, dass es immer Menschen gibt, die mit Artenschutz nichts am Hut haben, sagt der Vorstand. Aber wenn man sich überlege, dass man ohne zu zögern eine Menge Geld für andere Sachen – ob es Sportgeräte, Möbel oder Autos sind – ausgibt (und die an die Haltbarkeit von 30 bis 50 Jahren, die so ein Kasten hat, nicht annähernd herankommen), dann sei dies ein geringer Betrag. Gleichzeitig tue man Gutes für die Erhaltung einer seltenen Tierart.
„Die Sache ist, dass ein Falke ein Brückenbauwerk nicht als Naturverschandelung, sondern als einen Felsen sieht. Deswegen hatte hier immer wieder ein Pärchen versucht, in den Widerlagern zu brüten“, erklärt Köhler.
Das sind die Verbindungen zwischen der Fahrbahn und den gewaltigen Stützen. Dort existieren Spalte, die allerdings mit Plexiglas abgedeckt sind, weil sich dort Tauben einnisten würden und mit ihrem Kot den Beton schädigen. Dass die Spalte abgedeckt sind, ist zwar gut für das Material, allerdings nicht für die Brut des Wanderfalken: Schon öfter wurden Gelege auf dieser glatten Fläche vom Wind viele Meter nach unten verweht.
Wenn sich Wanderfalken hier tatsächlich ansiedeln würden, dann wäre das Taubenproblem im wahrsten Sinne des Wortes „gegessen“.
Thomas Köhler erzählt weiter: „Wir haben an einem Brückenpfeiler, oberhalb einer Tür, ein Schild mit vielen Infos angebracht. Auch Webadressen, wo man unter anderem via Livecam ein Falkenpärchen bei der Aufzucht beobachten kann. Die Jungtiere machen es wie Katze oder Hund. Die legen sich auf das Anflugbrett und lassen sich die Sonne auf das Gefieder scheinen. Das ist wirklich spektakulär.“
Allerdings fügt er hinzu, dass nicht alle Nistkästen bevölkert werden. Nur 80 Prozent werden deutschlandweit erfolgreich angenommen. Wildtiere wollten eben nicht immer so, wie es der Mensch gerne hätte. Neben der Montage für die tierische Arterhaltung tut Thomas Köhler gleichzeitig etwas für die Bildung des menschlichen Nachwuchses: Im Vorfeld belehrt er die Schulkinder über den Artenschutz, in der Theorie. Zum Anfassen soll der Unterricht aber auch sein. Darum bekommen die Schüler einen Falken in die Hand. Der ist zwar ausgestopft, aber eines natürlichen Todes gestorben.
Auch Bürgermeister Uwe Raab ist von diesem „greif“-baren Unterricht begeistert: „Wir haben dieses Projekt mit Arbeitern der Stadt unterstützt. Ich sehe es als unglaublich wichtig an, dass sich bereits Schüler für Artenschutz interessieren.“
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