Rache an Psychiatrie? "Exorzist" in Bayreuth vor Gericht
06.12.2014, 15:28 UhrAndreas K. (Name geändert) startete bei Behörden wohl ein wahres Anruf-Stakkato: 16-mal innerhalb kurzer Zeit klingelte das Telefon allein in Bayreuth. Auf der Anklagebank lümmelt eine gewaltige Ladung an Unangepasstheit, an Wut. Ulrich S., Informatiker in Neustadt, geboren in Pegnitz, verfolgt wie ein gelangweilter Schüler, was ihm vor dem Landgericht Bayreuth vorgeworfen wird. „Gelangweilter Schüler, das passt“, sagte seine Frau. Seine Beleidigungen würden mehrere Zeitungsseiten füllen, die Wortwahl zeugt von Hass. Und von Hilflosigkeit.
Er tituliert die Adressaten als Viehzeug, dummes Stück, bayerischer Drecksbatzi oder attestiert ihnen den Intelligenz-Quotienten eines Schweines. "Ich beleidige ständig Leute", sagte er vor Gericht. „Ich will helfen“, sagte er der Zeitung. Den Menschen, die wie Gustl Mollath in der Psychiatrie ausharren müssten. Ob gröbste Beleidigungen das richtige Mittel sind? "Es gibt kein Richtig und Falsch."Jedenfalls nicht mehr seit einem Blinddarmdurchbruch 2009.
Staatsanwältin geschlagen
Nach 16 Semestern an der Uni, Bauingenieurwesen und Informatik, bildete er sich zum Fachinformatiker weiter, arbeitete und heiratete. Aber der bürgerliche Weg brach ab. Bald kam er mit der Psychiatrie in Berührung. Diagnose: „drogenindizierte Psychose“, Unterbringung und Zwangsmedikation. Danach arbeitete er nicht mehr, brauchte seine Ersparnisse auf; Geld für Leben und die Miete zahlte ab jetzt der Staat.
Dann hatte er den Blinddarmdurchbruch, mit dem auch sein Leben gebrochen schien. Er machte dafür die Ärzte und die Zwangsmedikation während seiner Unterbringung verantwortlich. Seitdem verlegte er sich auf Beleidigungen: „Die können nicht schlimm genug sein.“ So weit ging seine Wut, dass er eine Staatsanwältin aus Pirna schlug. Urteil: ein Jahr auf Bewährung.
Diese Bewährung ist in Gefahr, wenn er für den Mordaufruf an Leipziger und die Beleidigungen verurteilt wird. Dann muss er ins Gefängnis. Noch ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen, dass der Mordaufruf von ihm kam. Viele Indizien aber sprechen dafür.