"Im Landkreis wurde Bundeswehr im besten Sinne gelebt"

19.9.2012, 09:00 Uhr

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Wehmut machte sich während der 20-minütigen Veranstaltung breit. Aber auch Unverständnis, was die Strukturentscheidung des Verteidigungsministeriums im Hinblick auf den Bundeswehrstandort Roth anbelangte. Landrat Herbert Eckstein machte aus seinem Gemütszustand unmittelbar vor dem Ereignis keine Mördergrube. Er sei unendlich traurig und könnte heulen, was hier zu Ende gehe. „Hier im Landkreis wurde schließlich Bundeswehr im besten Sinne des Wortes gelebt“, sagte er ergriffen und bezeichnete die für den Bundeswehrstandort Roth getroffene politische Entscheidung als „grundfalsch“ und das Zeremoniell als „kleine Beerdigung“. Es sei über Jahrzehnte hinweg eine außergewöhnliche Partnerschaft gewesen, die beiden Seiten, Landkreis und Bundeswehr, gut getan habe. Auch nach fast einem Jahr könne er die politische Entscheidung noch immer nicht begreifen, dass auch das Heeresfliegerregiment abgezogen werde. „Wir waren gerne Garnisonsstadt“, betonte er mit zitternder Stimme und nahm Brigadegeneral Rainer Keller beim Wort, dass die Offiziersschule auch tatsächlich 2017 von Fürstenfeldbruck nach Roth verlegt wird.

Großartige Einheit

Bei den Soldaten und den militärischen Entscheidungsträgern am Standort bedankte er sich für die großartige Demokratie-Arbeit, die geleistet worden sei. Aber auch für die guten Beziehungen untereinander und die Impulse, die die Bundeswehr gegeben habe. „Wir waren eine großartige Einheit“, schloss er und zeigte Verständnis, wenn der eine oder andere sich mit einem Taschentuch nun die Tränen abwische.

Auch Bürgermeister Ralph Edelhäußer konnte sich nicht so recht freuen. Aber es sei eine Entscheidung getroffen worden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Mit der Truppenreduzierung am Standort verliere Roth nicht nur den größten Arbeitgeber am Ort. Vielmehr sei es die Verbundenheit miteinander gewesen, die die Beziehungen zwischen der Bundeswehr und der Bevölkerung geprägt hätten. Das musste auch Brigadegeneral Rainer Keller zugeben: „Sie haben uns Staatsbürger in Uniform immer warmherzig integriert. Roth wurde für viele von uns schnell zur zweiten oder auch ersten Heimat. Sie haben uns immer das Gefühl vermittel, dazu zu gehören und willkommen zu sein“. Diese Aufnahme und Unterstützung sei so nicht zu erwarten gewesen.

Als Zeichen der Wertschätzung und der Anerkennung sowie gleichzeitig zur Erinnerung an den Großen Zapfenstreich überreichte Keller eine Dankesurkunde. Edelhäußer wiederum versprach, dass die Offiziersschule der Luftwaffe ebenso herzlich willkommen geheißen werde. Diese Schule könne zwar den Weggang der heute ansässigen Truppenteile nicht kompensieren, sei je-doch als Ausbildungsstätte für den Führungsnachwuchs der Luftwaffe eine Ausbildungseinrichtung von höchstem Stellenwert, mit langer Tradition und gutem internationalem Ruf, machte Keller das neue militärische Leben in der Region schmackhaft.

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Mit Eckhard Bodenbender wurde bereits am Nachmittag der letzte von 16 Kommandeuren des Luftwaffenausbildungsregiments auf dem Heidecker Platz in der Otto-Lilienthal-Kaserne mit feierlichen militärischen Ehren von seinem Kommando entbunden. Einen Nachfolger gibt es nicht. Das gesamte Regiment wird im März 2013 aufgelöst.

Verabschiedet wurde auch der letzte Kommandeur des zweiten Bataillons, Sven Callsen. Bis zur endgültigen Auflösung wird im Bataillon künftig Hauptmann Alexander Bühler das Sagen haben. Bodenbenders Aufgabe wird Major Christian Prestele übernehmen. Kommandeur dürfen sich beide nicht nennen.

Turbulente Amtszeit

Ein Jahr nur war Callsen Kommandeur. Es sei eine kurze, wenn nicht sogar eine turbulente Amtszeit gewesen, sagte Bodenbender. Callsens Aufgabe sei unter anderem gewesen, das Bataillon auf die Auflösung und die sozialverträgliche Überleitung des Personals in neue Verwendungen vorzubereiten.

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„Sie waren in stürmischer Zeit der Steuermann, der das II. Bataillon mit großem Sachverstand, aber vor allem mit Herz und Verständnis für die Menschen geführt hat“, würdigte Bodenbender. Es galt die neue Bundeswehrstruktur mit aufzubauen und Härten so annehmbar wie möglich zu gestalten.

Nachdenkliche Worte richtete Bodenbender schließlich an seine Soldaten. Man habe gemeinsam Ziele und Vorgaben so erarbeitet, dass sie verstanden und begriffen wurden. Dies sei überhaupt die größte Herausforderung unserer Zeit, Sachverhalte verständlich erklären zu können, Be-wertungen nachvollziehbar zu erläutern und Folgerungen zu empfehlen, die mitgetragen werden. „Erst wenn viele sich einbringen können, sich alle mitgenommen fühlen, werden Einzelleistungen zu einer herausragenden Gesamtleistung zusammengeführt“. „Nur so funktioniert Bundeswehr, nur so funktioniert Gesellschaft. Miteinander!“

 

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