"Reichsbürger" war mit Thailänderin verheiratet

21.10.2016, 23:11 Uhr

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Wie wird jemand, der lange Zeit als höflicher Nachbar, als geselliger Schützenkamerad, als freundlicher Poker-Mitspieler gilt, zum Extremisten, der den Staat ablehnt, gegen Ausländer hetzt und einen Polizisten erschießt? War der Auslöser für die offensichtliche 180- Grad-Wende im Leben des "Reichsbürgers" Wolfgang P. eine familiäre Schieflage? Das mutmaßen jedenfalls frühere Bekannte des "Reichsbürgers" aus Georgensgmünd.

Wolfgang P. hatte bis vor etwa fünf Jahren regelmäßig an einer wöchentlichen Pokerrunde in Erlangen teilgenommen – mit dabei waren des öfteren auch seine aus Thailand stammende Ehefrau und der gemeinsame Sohn, wie ein Mitspieler der NZ berichtet.

Es habe sich bei Wolfgang P. um einen sehr netten, aber oft auch ernsten, eher zurückhaltenden Menschen gehandelt, der von seinen früheren Pokerfreunden als bodenständig, sogar als "Poker-Idol" in seiner Gegend beschrieben wird. "Dass er vor ein paar Monaten auf seinem Facebook-Account plötzlich rechtspopulistische Inhalte gepostet hat, hat mich schockiert. Wie kann das sein, wenn man mit einer Thailänderin verheiratet war und sich immer offen gegeben hat?", fragt sich der frühere Bekannte, der selbst einen Migrationshintergrund hat. "Ich habe ihn daraufhin aus meiner Freundesliste entfernt."

Er und andere, die damals mit ihm gespielt haben, mutmaßen, seine Frau habe ihn verlassen – und er sei wütend auf Ausländer geworden. Laut "Bild" war P. zwei Mal verheiratet und ist inzwischen zum zweiten Mal geschieden.

Auf der Facebook-Seite von Wolfgang P. kommentierte ein weiterer früherer Bekannter, der P. zwölf Jahre lang gekannt habe, in eine ganz ähnliche Richtung: "Bodenständig, Familie, Freunde, Schütze mit meinem Onkel, kleine Sicherheitsfirma. Dann mehrere Jahre keinen Kontakt mehr. Was bitte muss passieren, damit jemand so den Schalter umlegt? Bin fassungslos. Mein Beileid an die Familie des Polizisten."

Finanzielle Probleme

Der 49-Jährige hatte am Mittwoch in Georgensgmünd bei Roth einen Polizisten erschossen und drei weitere Beamte zum Teil schwer verletzt. Die Nürnberger Extremismus-Expertin Birgit Mair nannte ihn einen "extremen Rechten". Er sei mit einem Gleichgesinnten befreundet, der regelmäßig bei Pegida Nürnberg als Redner und Organisator auftrete. "Ein Drittel dieser Gruppe sind Neonazis", sagte Mair. Bereits am Donnerstag hatte ein Richter Haftbefehl unter anderem wegen Mordes erlassen. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft in Nürnberg werden dem 49-Jährigen außerdem versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Der Mann hat sich bisher weder der Polizei noch dem Ermittlungsrichter gegenüber zu den Vorwürfen geäußert. Er sitzt in Nürnberg in Untersuchungshaft.

Auf einem der inzwischen vom Netz genommenen YouTube-Videos wedelt Wolfgang P. demonstrativ mit einem angeblich mit Geldscheinen gefüllten Briefkuvert vor der Kamera herum. Damit wollte der 49-Jährige wohl den Gerüchten um seine angespannte finanzielle Situation entgegentreten, aber dem ehemaligen Betreiber einer Kampfsportschule stand allem Anschein nach das Wasser bis zum Hals.

Angeblich sollte der geschäftsführende Gesellschafter einer "WingTsun-Schule für Bewegung – Bewusstheit – Behauptung", für die er im Frühjahr 2012 eine GmbH angemeldet hatte, eine Erklärung zu seiner Vermögenslage abgeben. Zwei Termine sollen dafür in den vergangenen eineinhalb Jahren von dem zuständigen Amtsgericht anberaumt worden sein, offenbar erschien Wolfgang P. aber beide Male nicht vor Gericht.

Von Wirtschaftsauskunfteien war die Bonität des 49-Jährigen, gegen den nun unter anderem wegen Mord ermittelt wird, als sehr schlecht eingestuft worden. Sozialleistungen hatte der Mann allerdings nicht bezogen. Schließlich hatte er ja auch der Bundesrepublik Deutschland und ihren Verwaltungsorganen ihre Existenzberechtigung abgesprochen.

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