Roth: Protest gegen "Transatlantisches Freihandelsabkommen"

9.2.2014, 18:08 Uhr
Roth: Protest gegen

© Tschapka

Transparente mit Aufschriften wie „Mit dem Essen spielt man nicht“ oder „Lokale Wertschöpfung statt globale Gewinnmaximierung“ wurden geschwenkt. Darüber hinaus ertönten „Wir sind das Volk“-Rufe. Und immer dann, wenn die Sprache auf die Verhandlungsführer des "intransparenten Abkommens" kam, erschallte ein lautstarkes „Lügenpack!“.

Aufgerufen zu dieser Protestversammlung hatten das Bündnis gentechnikfreier Landkreis Roth/Stadt Schwabach, das Energiebündel Roth-Schwabach und der Bund Naturschutz, Kreisgruppe Roth.

„Kämpferisches Willkommen“

Vom Parkplatz „Steinerne Eiche“ aus zogen die Aktionisten geschlossen — zu Fuß oder mit dem Traktor — Richtung Ortsmitte. Johannes Pfaller, der Rother Kreisvorsitzende und Beiratsvorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter in Bayern (BDM), wünschte allen Anwesenden ein „kämpferisches Willkommen“, und übernahm die Aufgabe, durch die zahlreichen Grußworte der Politiker aller Parteien (mit Ausnahme der FDP) und Vertretern diverser Verbände zu führen. Zuvor forderte Pfaller jedoch, dieses geplante „Abkommen auszuschalten, bevor es uns ausschaltet!“.

Hermann Lorenz vom „Energiebündel Roth-Schwabach“ sprach von einer „Transatlantischen Total Intransparenten Politik“ und betonte, dass sein Verband den Protest gegen das Abkommen deshalb unterstütze, da dieses multinationale Konzerne bevorzuge, die, weil lukrativ, immer noch bevorzugt Kohle- und Atomkraftwerke betreiben würden.

Lorenz sieht dadurch „eine Gefahr für die dezentrale Energiewende“. Als Beispiel nannte er die Klage des schwedischen Energieriesen Vattenfall, der die Bundesregierung wegen des Atomausstiegs vor einem Schiedsgericht in den USA auf mehr als drei Milliarden Euro Schadenersatz verklagt hat.

Andrea Dornisch von „Zivilcourage Roth/Schwabach“ wies darauf hin, dass nicht einmal die EU-Abgeordneten Zugang zu den Dokumenten des Abkommens hätten – im Gegensatz zu 600 Vertretern der Industrie. „Was dort passiert ist nicht nur undemokratisch, sondern antidemokratisch“, schimpfte sie. Da der Widerstand in Europa und vor allem in Deutschland gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel sehr stark sei, würden die Verantwortlichen eine demokratiefreie Lösung suchen, „und die heißt TTIP“, so Dornisch. Und das Ganze lediglich für ein Wirtschaftswachstum von 0,05 Prozent pro Jahr, wie viele Studien vorhersagen würden. Dies führe auf zehn Jahre gesehen gerade einmal zu einem Wachstum von 0,5 Prozent.

„Wohin die Liberalisierung eines Marktes führen kann, hat man in den letzten Jahren eindrucksvoll beim Thema Geld gesehen“, erklärte Landrat Herbert Eckstein am Beispiel der Finanzkrise und bemängelte, dass sich die Politik zunehmend zurückziehe und das Feld den Privaten überlasse. „Europa und freier Handel bietet jede Menge Chancen und hat sich als friedensstiftend erwiesen — aber man muss es gescheit machen“, so Eckstein.

Der BDM-Kreisvorsitzende Manfred Gilch nannte als Negativbeispiel das Freihandelsabkommen zwischen den USA und Mexiko. „Herausgekommen sind weniger Wachstum und ein beschleunigtes Höfesterben“, so Gilch, laut dem das TTIP kein „Land der freien Bauern, sondern ein Land frei von Bauern“ zur Folge hätte. Der Kreisvorsitzende der SPD Roth, Sven Ehrhardt, forderte lieber erst einmal verbindliche internationale Klimaschutzziele und eine Regulierung der Finanzmärkte, ehe man über grenzenlosen Warenverkehr verhandle. „Wirtschaftswachstum ja – aber nicht zu jedem Preis“, forderte Ehrhardt.

CSU-Europaabgeordneter Martin Kastler kritisierte, dass er zusammen mit seinen Kollegen am Ende der Verhandlungen über das „TTIP“ nur noch mit „Ja“ oder „Nein“ abstimmen „darf“. Bis es so weit ist, wolle er noch ein paar Fragen, die er schriftlich eingereicht habe, von den Verhandlungsführern der EU-Kommission beantwortet wissen. So will Kastler beispielsweise eine Aussgae hören, ob die Kommission die Unabhängigkeit ihrer Verhandlungsführer garantieren kann und ob diese vollkommen unabhängig von wirtschaftlichen Einzel- bzw. außereuropäischen Interessen verhandeln.

Schließlich forderte Christoph Leikam (Bündnis 90/Die Grünen), dass, wenn schon verhandelt werde, immer der jeweils höheren Qualitäts- und Produktionsstandard, entweder von USA oder Europa, übernommen werden solle. Walter Schnell von den „Freien Wählern“ brachte sein „Entsetzen“ darüber zum Ausdruck, wie stark viele Politiker mit diesem Thema überfordert zu sein scheinen. Um den parteiübergreifenden Protest komplett zu machen, sprachen außerdem Dr. Helmut Johach (Die Linke) und Jürgen Schilling (ödp) ein Grußwort, welches sich ebenfalls ganz klar gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA aussprach.

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