Ein bärenstarker Typ

12.10.2007, 00:00 Uhr
Ein bärenstarker Typ

© Gerner

Günstige Gelegenheit

Es war für Beobachter der Szene nicht unbedingt ein Titel mit Ansage. Lorenz, der gelernte Gas- und Wasserinstallateur, ist zwar vielfacher Bayerischer und Deutscher Meister und hat auch bei Europameisterschaften schon Silber und Bronze gewonnen. Doch gerade auf internationaler Ebene hatte es zum Sprung nach ganz oben noch nicht gereicht.

Doch diesmal war die Gelegenheit günstig: «Ich wusste, dass einige der ganz starken Gegner diesmal nicht dabei sein werden», erzählt der Weltmeister. «Da habe ich mir insgeheim etwas ausgerechnet.»

Der dem Kraftdreikampf vorgeschaltete Solo-Bankdrücker-Wettbewerb bestätigte diese Einschätzung. Mit 220 Kilogramm, einer neuen persönlichen Bestleistung, sicherte sich der Schwabacher gegen die Spezialisten der Szene den Vizeweltmeistertitel.

Im Kraftdreikampf war Lorenz dann eine Klasse für sich - obwohl er aus seiner Sicht sowohl bei den Kniebeugen als auch beim Kreuzheben etliche Kilos verschenkte. Am Ende des vierstündigen Wettkampfes stand dann zwar der WM-Titel, aber auch ein leicht frustrierter Sieger: «Ich wollte endlich die 800-kg-Mauer einreißen.» Die soll nun beim Weltcup im November in der Slowakei fallen.

Und wenn nicht? Lorenz hat noch Zeit. Mit seinen 28 Jahren gehört er noch immer zu den Jüngsten seiner Zunft. Die maximalen Lasten - Gesundheit vorausgesetzt - wird er wohl erst in fünf, sechs oder sieben Jahren wuchten können.

Außergewöhnliche Karriere

Sven Lorenz hat eine außergewöhnliche Sportlerlaufbahn hinter sich. Vor zehn Jahren war er ein extrem übergewichtiger Teenager, dem nach fünf Treppenstufen der Schweiß von der Stirn getropft ist. Irgendwann legte er dann den Schalter um. Binnen weniger Monate strampelte er in endlosen Sitzungen 30 Kilogramm Fett auf dem Hometrainer weg und baute dann über Jahre hinweg Muskelmasse auf. In der Vorbereitungszeit auf Wettkämpfe verdrückt er täglich bis zu drei Pfund Geflügelfleisch, damit die gewaltigen Muskelgebirge mit genügend Eiweiß versorgt werden.

Disziplin beim Essen reicht aber nicht. 25 Stunden pro Woche pumpt der 28-Jährige Eisen. Zwei Mal pro Woche legt er dabei die ganz schweren Gewichte auf. Dann braucht er Helfer wie seinen Kumpel Andreas Staude, schon alleine wegen der Verletzungsgefahr.

Lorenz hat sich in seiner Sportart alles selbst erarbeitet. Er hatte nie einen Trainer. Er guckte sich einige Dinge von Kollegen ab, Hauptlieferant für Trainingspläne und Technikschulung sind jedoch Fachbücher aus dem In- und Ausland.

Lupenreiner Amateur

Trotz seines gewaltigen zeitlichen Aufwands ist Sven Lorenz lupenreiner Amateur geblieben. Geld gibt es auch für einen WM-Titel nicht zu gewinnen. Dafür müsste sich der Schwabacher, der bis vor einigen Jahren auch als Goldschläger gearbeitet hat, auf den Weg nach Übersee machen. In den USA stoßen die Profis in ungeahnte Dreikampf-Dimensionen bis nahe an die 1000-Kilogramm vor und sahnen dafür hohe Prämien ab. Der Preis dafür ist aber hoch: Nur mit reichlich Hähnchen, das weiß auch Lorenz, sind solche Leistungen nämlich nicht zu schaffen.