„Ein Wunder, dass es noch steht“

15.10.2011, 08:20 Uhr
„Ein Wunder, dass es noch steht“

© Wilhelm

Nach dem MAN-Stahlhaus aus Nerreth wird also bald ein zweites Gebäude aus Wendelstein ins Fränkische Freilandmuseum nach Bad Windsheim wechseln: das an der Schwarzach gelegene Badhaus.

Mit ihm kann die Hygienegeschichte des Mittelalterns eindrucksvoll veranschaulicht werden. „1437 erfolgte der erste Badhausbau an dieser Stelle“, erklärt Bauforscher Ralf Rossmeissl vom Freilandmuseum bei der Führung für die Politiker. 1450 brannte es im Markgrafenkrieg nieder, 1451 wurde es wieder aufgebaut und 1470 hat es das Heilig-Geist-Spital gekauft. In Betrieb war die Einrichtung bis 1827.

Die Reste des Dampfbads befinden sich im heutigen Keller, der damals allerdings noch das Erdgeschoss war. Darüber lag die Wohnung des „Boders“.

„Zur Ader gelassen“

Zu dessen Handwerkszeug gehörten auch die zwei Schröpfköpfe, die bei den Ausgrabungen im alten Dampfbad gefunden wurden. „Ein Bader war Zahnzieher, Medicus für Knochenbrüche und Apotheker. Er hat geschröpft und zur Ader gelassen“, erläutert Rossmeissl.

Über die Jahrhunderte wurde das Badhaus mehrfach überschwemmt. Bewohnt war es bis vor rund 30 Jahren. Seitdem steht es leer. Mittlerweile sind viele Balkenköpfe gebrochen. „Es ist ein Wunder, dass es noch steht“, findet Rossmeissl. Eine Sanierung am Standort wäre immens teuer gekommen.

Daher die Lösung mit Bad Windsheim. Die vorbereitenden Arbeiten laufen. „Wir haben zum Beispiel die Treppe abgebrochen. Bald wird auch die angrenzende Scheune aus dem 19. Jahrhundert abgerissen“, erläutert Bürgermeister Werner Langhans.

Das Badhaus selbst wird im kommenden Jahr vorsichtig abgebaut und nach Bad Windsheim transportiert. Wann es im Museum neu entstehen wird, ist dagegen noch unklar.

Die Marktgemeinde hat das Badhaus im Mai von einem privaten Besitzer gekauft und stellt es dem Freilandmuseum kostenlos zur Verfügung. Darüber hinaus hilft die Gemeinde beim Abbau, übernimmt auch die Kosten für die aufwändige Sicherung und zahlt einen Zuschuss von 20000 Euro für den Wiederaufbau.

130000 Euro Baukosten

Mit dem Bezirk Mittelfranken, dem Träger des Museums, wurde ein entsprechender Übernahmevertrag geschlossen und im Marktgemeinderat im nicht öffentlichen Teil der jüngsten Sitzung einstimmig abgesegnet. „Wir zahlen nie etwas für die Gebäude, weil wir ja die Kosten für Abbau, Transport und Wiederaufbau im Museum tragen“, erklärt Herbert May, der vor kurzem die Leitung des Freilandmuseums übernommen hat. Sein Vorgänger Professor Dr. Konrad Bedal hatte sich bereits sehr dafür eingesetzt, das Badhaus nach Bad Windsheim zu holen.

„Die Baukosten sind mit rund 130000 Euro veranschlagt“, sagt Bezirkstagspräsident Bartsch. Sie werden im Haushalt 2012 eingestellt, den das Innenministerium aber erst genehmigen muss, bevor die Arbeiten ausgeschrieben werden können.

„Ich gehe aber davon aus, dass das klappt“, zeigt sich CSU-Fraktionschef Ernst Schuster, der frühere Bürgermeister Thalmässings, zuversichtlich.

Die jetzige Lösung bringt Vorteile für alle Beteiligten. Der Eigentümer hat sich eines Objekts entledigt, mit dem er auf Dauer nichts anfangen wollte oder konnte. Die Marktgemeinde kann den „Schandfleck“ an der Hauptstraße beseitigen. Und das Freilandmuseum bekommt das älteste Badhaus, das im deutschsprachigen Raum noch erhalten ist.

„Wir werden einen schönen Platz anlegen“, kündigt Bürgermeister Werner Langhans an. Planungen liegen noch nicht vor. Aber klar ist: „Es wird keine neue Bebauung geben.“

Ex-Museumsleiter Bedall ist vom Badhaus geradezu begeistert, und auch sein Nachfolger Herbert May spricht von einem „Juwel“. Seinen neuen Platz soll es in der „Mittelaltergruppe“ des Freilandmuseums bekommen.

„Nicht die Nummer 21“

Wann? „Das ist eine gute Frage“, seufzt May. „Wir haben nämlich schon 20 andere Häuser in der Warteschleife, die noch nicht aufgebaut sind.“

Also kann der Wiederaufbau Jahre dauern? So will das May auch nicht verstanden wissen. „Das heißt ja nicht, dass das Badhaus Nummer 21 ist. Das kommt schon auch auf die Bedeutung an. Und das Badhaus ist von überragender Bedeutung. Ich bin über die Einigung sehr froh.“

„Auch für uns ist das ein Gewinn“, betont Bürgermeister Langhans. Nicht nur wegen des neuen Platzes im Altort. „Es wird für uns Wendelsteiner ein Hochgenuss sein, im Freilandmuseum zu sehen, wie unser Badhaus in seiner Entstehungszeit im 15. Jahrhundert ausgesehen hat.“

Das werde ein echter Grund zu feiern sein: „Da lade ich schon jetzt zu einem Badhaus-Fest nach Bad Windsheim ein und spendiere zwei Busse.“



Ralf Rossmeissl hält am Donnerstag, 20. Oktober, um 19.30 Uhr, einen Vortrag über das Badhaus im Wendelsteiner Martin-Luther-Haus, Kirchenstraße 3.

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