Gesamtzusammenhänge verstehen und Verantwortung übernehmen

13.2.2012, 08:44 Uhr
Gesamtzusammenhänge verstehen und Verantwortung übernehmen

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Die Katholische Landvolkbewegung (KLB) lud zu einem Studientag nach Allersberg ein, der sich mit den Ergebnissen auseinandersetzte.

Mit dabei ein profunder Kenner der Materie: Professor Stephan Albrecht von der Universität Hamburg ist einer der Autoren des Berichts, der auf Initiative des Weltagrarrats von über 400 Wissenschaftlern ausgearbeitet und 2008 veröffentlicht wurde. Im Allersberger Kolpinghaus stellte der Experte die wichtigsten Ergebnisse vor.

Es fordert einen radikalen Wandel in der landwirtschaftlichen Forschung, Entwicklung und Praxis weltweit. Vordringliches Ziel müsse sein, für Ernährungssicherheit in allen Regionen der Erde zu sorgen. Das gelinge aber nur mit kleinbäuerlichen Strukturen, die es zu fördern gelte.

In den reichen Ländern fahre der Zug jedoch seit Jahrzehnten „in die falsche Richtung“, kritisierte Albrecht die Tendenzen zur Konzentration in der Agrarbranche im wohlhabenden Teil des Globus. Sie schädige zudem durch Billigexporte in die armen Länder gerade die dortige Landwirtschaft.

Doch damit nicht genug: Durch das sogenannte „land grabbing“ eigneten sich Staaten oder Unternehmen ganze Ländereien in weniger betuchten Regionen der Erde an. „Die Entwicklungsländer fallen einfach unter den Tisch“, zeigte sich im Kolpinghaus auch Manfred Gilch verärgert, Kreisvorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM). „Die Weltmarktorientierung der Landwirtschaft ist ein Weg in die Sackgasse“, so Gilch im Einklang mit Albrecht. Eigentlich müsse ein Systemwechsel erfolgen, wie es auch der Weltagrarbericht anmahnE:

Auch Arbeitsplätze bedroht

Wie schwer das ist, machte am Studientag Walter Schmitt deutlich, Regierungsdirektor im Bundesernährungsministerium. Denn die in die Schusslinie geratenen Großbetriebe an Förderung zu beschneiden, hieße zugleich, Arbeitsplätze zu gefährden. Deutschland könne zwar ein Beispiel geben, aber das Ruder nicht weltweit herumreißen.

Damit fühlen sich auch Organisationen wie der Bayerische Bauernverband (BBV) überfordert, der durch Matthias Borst, Leiter des Fachbereichs Agrar- und Umweltpolitik, vertreten war. „Offene Märkte sind politisch erwünscht“, gab er zu bedenken. Das Rad zurückzudrehen, sei nicht möglich. Man versuche aber auf Landesebene, Schritte in die richtige Richtung zu gehen. Etwa durch Engagement für die kleinbäuerlichen Strukturen vor Ort und für nachhaltiges Wirtschaften. „Man muss die Gesamtzusammenhänge betrachten“, ergänzte BBV-Kreisobmann und Bezirksvizepräsident des BBV, Thomas Schmidt, „mit einer Umstellung der bayerischen Landwirtschaft allein ist niemandem geholfen“.

Um einen wirklich nachhaltigen Weg aus dem Dilemma des Agrarwesens zu beschreiten, „müssen die Menschen in den USA und Europa ihren Lebensstil ändern“, verdeutlichte der Diözesanvorsitzende der Katholischen Landvolkbewegung, Thomas Schneider, im Gespräch mit unserer Zeitung — etwa auf ausgewogene Ernährung aus Produkten regionaler Erzeugung achten. Das entschärfe den Exportdruck, sorge für weniger klimaschädliche Transportwege und stärke die heimische Wirtschaft. Wie schwer aber ein Umdenken im konkreten Fall ist, verdeutlichte das Zustandekommen des KLB-Studientags selbst. Dort wurde zwar der Agrar-Zentralismus angeprangert, treffen wollte man sich aber dazu ursprünglich an zentraler Stelle — nämlich in Nürnberg. Bis Schneider zu bedenken gab, dass es der Landvolkbewegung gut anstünde, sich im ländlichen Raum zu versammeln.

Auf den Punkt brachte es Ministerialrat Anton Dippold vom bayerischen Landwirtschaftsministerium: Auf die Frage, wo denn mit dem Umdenken begonnen werden solle, antwortete er: „Schauen wir doch bitte alle in den Spiegel!“

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