„Isch spreche ’eute mal mit fransösisches Accent“

29.11.2010, 07:53 Uhr
„Isch spreche ’eute mal mit fransösisches Accent“

Zuvor erklangen in swingenden Variationen die bekanntesten Chansons und klassischen Werke französischer Komponisten, einzigartig arrangiert und interpretiert durch das fränkische Trio mit Hilde Pohl am Flügel, Yogo Pausch am Schlagzeug und Norbert Meyer-Venus am Kontrabass.

„Isch spreche ‘eute mal mit fransösisches Accent“, versprach die „Wilde Hilde“ gleich zu Beginn und hatte sichtlich Spass daran, das Publikum auf eine musikalische Reise durch Frankreich und die zurückliegenden Jahrhunderte mitzunehmen.

"La mer" für Memo

Mit charmanten Plaudereien wurde so auch einem jüngeren Besucher nähergebracht, dass der Soundtrack zu „Findet Nemo“ nicht von Robbie Williams stammt, sondern sich dieser vielmehr vom französischen Evergreen „La mer“ inspiriert fühlte. Der musikalische Beweis wurde postwendend angetreten.

In atemberaubender Geschwindigkeit verwandelten sich danach die bekannten Hymnen von Becaud oder Chopin („in Polen sagen sie Schoppin!“) in fulminante Jazz- und Swingerlebnisse.

Hilde Pohl parlierte zwischen den Stücken in fortwährender französisch-deutscher Melange und gab dabei eine kleine, humorvolle Lehrstunde über das Wirken Erik Saties, die Uraufführung von Bizets Carmen oder aktuelle Chansons aus der Werbung.

Mit Hupe und Klingel

Den ersten Höhepunkt bildete sicher das atmosphärische Intro zur Sant-Saens „Schwan“, bei dem Yogo Pausch sämtliche Registers seiner Tonkunst zog und als Klangjongleur mit allen erdenklichen Geräten wie Hupe, Klingel, Flöte und Quitscheente die Zuhörer zu Lachsalven anstachelte.

Fulminant bot das Trio danach eine Interpretation von Chopins Revolutionsetüde, in der nicht nur die Marseillaise sondern am Ende auch das allseits vertraute „ins Land der Franken fahren“ entdeckt werden konnte.

,Partons la mer est belle’beswingt

Das Volkslied „Partons la mer est belle“ aus Les Sables wurde sowohl als Chor – es blieb bei einem Versuch – dann als wahrscheinliche erste Swing-Version uraufgeführt, wobei plötzlich auch eine „launische Forelle“ auftauchte um ebenso hurtig erneut in den Notenfluten zu verschwinden. Der Refrain des Sablaiser Chansons blitzte jedoch im Laufe des restlichen Abends immer wieder als kurzes Intermezzo auf und wird dem Publikum sicherlich noch lange im Ohr klingen.

Obwohl Hilde Pohl mit den flinken, fliegenden Fingern am Flügel sicherlich die größte Aufmerksamkeit auf sich zog, lösten vor allem die wiederkehrenden, virtuosen Zwischensoli von Norbert Meyer-Venus und Yogo Pausch staunende Bewunderung aus und machten deutlich, das in diesem Trio keiner ohne den anderen kann und mag.

Das ganze Atrium swingte

Weder staubende Klavierhocker noch der grummelnde Mägen („reservier mir mal ein Käsebaguette“) brachten die Musikprofis aus dem Konzept und so swingte schon bald das ganze Atrium in den temporeichen Klassik-Jazz- Arrangements.

Ein ebenso frei wie neuartig interpretiertes Potpourri aus den acht ausgewählten Liederwünschen der Zuhörer führt zum Stimmungsgipfel dieses berauschenden Musikabends. Das Medley reichte vom laszive-lustigen Stöhnen des „Je t’aime“ über temperamentvolle Rhythmen beim „Chanson d’amour“ bis zu Piafs energischem „Je ne regrette rien“.

Nach einer Zugabenserie und langanhaltendem frenetischen Applaus konnte sich Robert van Loosen bei den drei brillanten Musikern mit individuellen, „herzlichen“ Präsenten bedanken.

Ein Konzert des Trios in der Partnerschaftsstadt am Atlantik ist für 2011 schon ins Auge gefasst, da Hilde Pohl durch die Schülerfreundschaft ihrer Tochter schon mehrfach in Les Sables d’Olonne zu Gast war und immer wieder gerne in die Vendée reist.

„Ich liebe Sie einfach!“

Eine Besucherin trat ganz am Ende noch an Hilde Pohl heran und meinte sichtlich bewegt „Ich liebe Sie einfach!“ Kann man sich als Künstler (und als Veranstalter) ein schöneres Kompliment wünschen ?