Jedes Lied wie ein Gebet

6.1.2009, 00:00 Uhr
Jedes Lied wie ein Gebet

© Weidler

Wer hätte das gedacht. Die Unterdrückung ist abgeschafft, ein dunkelhäutiger Präsident wird in wenigen Wochen in den USA die Regierung übernehmen, die Rassentrennung ist Geschichte.

Doch: Es ist die Not in der so genannten «dritten Welt», die eine Erinnerung notwendig macht, eine Besinnung, wie es eben dieser Gospelchor bestens kann, das Elend anzuprangern. Und es ist die Tiefe Gläubigkeit jener Unterdrückten, die beispielhaft in den Gesängen vorgeführt wird und die man nicht oft genug hören und erleben kann.

Der stattliche Chor sorgte für eindringliche Rufe. Pfarrer Reiner Schübel führte feinfühlig durch das Programm, erläuterte jedes Lied. Doch man verstand die Handlung auch so, selbst wenn ein afrikanischer Dialekt ein Lied beherrschte.

Es war jene explodierende Frömmigkeit, die durchschlug, dazu brauchte man keinen Übersetzer, das ging ans Herz, grub sich tief in das Gemüt ein, man verstand den Aufschrei, die Erschütterung über die Ungerechtigkeit.

So zogen 20 Songs vorüber mit Titeln wie «Singa Yesu», oder «King of kings», «Every time I feel the spirit» oder «Jesus be a fence».

Jeder Titel ein Gebet, ein Aufschrei nach Gott. Komm zum Herrn, hört den Engel zu, lasst das Herz weit werden, Schrei nach Frieden und Freiheit, preiset den Herrn. Die farbige Solistin Kat More war die Verkörperung jener Anliegen: Gewaltig im Stimmbereich, anklagend und fordernd.

Dazu eine ausgezeichnete Akustik im ganzen Kirchenbereich, die Begleitband dezent vom Seitenaltar agierend

«Oh happy day», welch ein glücklicher Tag, dabei gewesen zu sein, den Ruf nach dem Lord vernommen zu haben und vielleicht auch die Besinnung zu spüren, der dritten Welt zu helfen, den schwarzen Brüdern die Hand zu reichen, mit ihnen mitzuschwingen, mitzuleiden.

Vielleicht wird nach einem solchen Abend das Bewusstsein sensibilisiert, mit dem Wasser sparsamer umzugehen, nachdem in Teilen Afrikas wegen der Trockenheit die Ernte ausgefallen ist und Hunger die Menschen umtreibt, den bescheidenen Wohlstand mit anderen zu teilen und zum Beispiel eine Spende zu geben. Auch das kann so ein wahrhaft aufregender Abend bewirken.

HORST WEIDLER