Prunkvoller Hintergrund: Pressbrokat mit Schwabacher Blattgold

29.4.2014, 08:34 Uhr
Prunkvoller Hintergrund: Pressbrokat mit Schwabacher Blattgold

© Josef Mittlböck

In Stará Halic befindet sich das Mutterhaus der Schwestern der „Familie Mariens“, einer weltweit aktiven Missionsgemeinschaft. Diese Ordensgemeinschaft gab einen neugotischen Altar in Auftrag, den ein Schnitzer aus dem Grödnertal für Gotteslohn fertigte.

Außergewöhnliche Technik

An dem neuen Altar in der Kirche von Stará Halic hat der Vergolder und Fassmaler Josef Mittlböck aus Schönau in Niederbayern die Hintergrund-Flächen in Pressbrokat-Technik gestaltet. Dafür musste er sich diese mittlerweile in Vergessenheit geratene und kaum mehr ausgeführte Technik neu erarbeiten.

Pressbrokat sind hauchdünne Applikationen auf mittelalterlichen Tafelbildern und Skulpturen, die – vergoldet und bemalt – der spätgotischen Materialillusion dienten.

Die Pressbrokat-Technik erlebte ihre Blütezeit vom frühen 15. Jahrhundert bis zum 16. Jahrhundert. Sie kam vor allem auf Tafelbildern, Gewändern von Schnitzwerk zum Einsatz, aber auch an Rahmenleisten oder für Hintergrundverzierungen. Diese Technik ist sehr aufwendig, was sicher dazu beigetragen hat, dass sie seit der Renaissance kaum mehr ausgeführt wurde.

Rapport sorgt für große Fläche

Vergolder und Fassmaler des Mittelalters entwickelten dieses Verfahren der Verzierung mit Mustern, um die Struktur schwerer Goldbrokat-Stoffe und empfindlicherer Brokatseiden-Stoffe zu imitieren. Beim Pressbrokat wird mit Hilfe eines Models (wie für Salzteig, nur viel feiner) ein flaches Relief hergestellt und anschließend auf eine Rahmenleiste oder Figuren-Oberfläche oder einen Hintergrund aufgebracht. Das Motiv kann unendlich oft in gleicher Qualität und Feinheit aufgetragen werden. Dadurch entsteht ein reizvolles größeres Muster.

Der Pressbrokat entsteht in mehreren Arbeitsschritten. In historischen Quellen ist die Herstellung grob überliefert: Anfertigen eines Models aus Holz- oder Metall, Herstellen von Prägefolien aus Zinn oder dünnen Plättchen aus Leim-Kreide-Harz-Wachsmischungen in diesem Model. Verarbeitung der geprägten Folien am Objekt. Die Folien wurden früher auf den Untergrund aufgeklebt und an-schließend vergoldet oder bemalt. Allerdings gibt es keine Nachweise, wie die Künstler die Technik im Mittelalter in der Praxis tatsächlich ausführten. Auch Model sind nicht erhalten.

Historische Arbeitsweise

Josef Mittlböck musste sich die historische Arbeitsweise also neu erschließen. Er entwarf das etwa 10 mal 20 Zentimeter große Muster und wählte für die Form eine Holzplatte, die er dick mit einem Hautleim-Kreide-Gemisch grundierte und anschließend glattschliff. In diesen Grund gravierte er mit einem Gravier-Haken Muster und Schraffur. Von der Holzplatte mit dem Muster fertigte er mehrere Silikon-Abgüsse. In die etwa einen Millimeter tiefen Schraffuren und Muster dieser Negativformen strich er dann eine Hautleim-Kreide-HarzMischung.

Nach dem Trocknen ließen sich die dünnen Platten durch Stürzen der Silikon-Formen entnehmen. Diese fertigen Platten legte der Vergolder schließlich in Kreidegrund als Klebemittel im Rapport auf die Bretter der Altarrückwand und spachtelte und egalisierte die Stege und Stöße. Dieses Muster wiederum bildete den Untergrund für die eigentliche Vergoldung. Anschließend erfolgte der für die Polimentvergoldung notwendige Auftrag des gelben und roten Poliments.

Muster auf drei Quadratmetern

Gut drei Quadratmeter Fläche auf dem Altar in Stará Halic belegte Josef Mittlböck mit den Pressbrokat-Mustern, bevor er sie letztlich mit dem Schwabacher Blattgold vergoldete.

Eingeweiht wurde der neue Altar in Stará Halic 2013. Er besteht derzeit allerdings lediglich aus Sockel (Predella), Schrein und den Flügeln. Der Aufsatz, das so genannte Gesprenge, fehlt noch.

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