Wendelsteinerin hilft misshandelten Kindern in Tansania

12.1.2018, 09:39 Uhr
Olivia Ermel auf der Hängematte beim Spielen mit einigen ihrer Schützlinge, die sie besonders in Herz geschlossen hat.

© Privat Olivia Ermel auf der Hängematte beim Spielen mit einigen ihrer Schützlinge, die sie besonders in Herz geschlossen hat.

Olivia sitzt im Wohnzimmer ihres Elternhauses im Wendelsteiner Heuweg. Langes, braunes Haar, Kapuzenpulli. Genüsslich schlürft sie eine Tasse Milchkaffee. "Ein bisschen kalt ist es", findet sie und schaut nach draußen auf einen Januar, der sich mit Temperaturen um die 10 Grad eher anfühlt wie ein März. Doch die 19-Jährige muss sich erst wieder an Deutschland gewöhnen nach vier Monaten in Tansania.

Über einen Freund der Familie kam sie nach dem Abitur in Kontakt zu Missio in München. Und über Missio in München kam sie in Kontakt mit dem von Missio unterstützten und von Missionsschwestern geleiteten Jipe Moyo Center (zu Deutsch: "Fass’ Dir ein Herz") in Musoma am Viktoriasee. "Da wollte ich helfen", erzählt sie. Gesagt, getan. Mitte August ging der Flieger, nach vier Zwischenlandungen stand sie am winzigen Musoma Airport, umringt von einem ganzen Schwarm lachender Kinder.

Das Geld reicht nicht

Das Jipe Moyo Center ist klein. 54 Mädchen und 10 Jungs haben hier Zuflucht gefunden. Mehr wäre wünschenswert. Aber das Geld reicht nicht. Die Mädchen sind vor der Beschneidung geflohen. Die Jungs wurden dem Center anvertraut, weil sie in ihren Familien schwer misshandelt wurden. Die Missionsschwestern versuchen ihnen Hoffnung zu geben. Und die Aussicht auf eine bessere Zukunft.

Einmal Afrika und zurück. Olivia Ermel, 19, als einzige Weiße im Jipe Moyo Center.

Einmal Afrika und zurück. Olivia Ermel, 19, als einzige Weiße im Jipe Moyo Center. © Privat

Olivia Ermel will helfen. Und kann helfen. Sie begleitet die Kinder zur Schule. Sie spielt mit ihnen Volleyball und Fußball. Sie versucht mit ihnen zu basteln. Sie lernt mit ihnen ein bisschen Englisch – und lernt von ihnen ein bisschen die Landessprache Swahili (Suaheli). Sie hilft in der Nähstube, in der die Mädchen den Beruf der Schneiderin lernen können. Und sie dreht mit zwei Rot-Kreuzlern einen inzwischen auf fünf Minuten zusammengeschnittenen Imagefilm.

Die besten und die schwersten Dinge

Olivia Ermel genießt die herzliche Gastfreundschaft, sie genießt bis zu einem gewissen Grad auch das einfache Leben. Sie bewundert die Schwestern, die Managerinnen, Ersatzmütter, Psychologinnen, Köchinnen und Handwerker in einem sind.

Nach vier Monaten heißt es aber Abschied nehmen vom Jipe Moyo Center. Olivia freut sich wieder auf zu Hause, auf ihre Eltern, auf ihren Bruder, auf ihre Freundinnen. Sie möchte aber die 18 Wochen in Afrika nicht missen. "Die haben mich in meiner Persönlichkeit vorangebracht." Und: "Es war eines der besten und schwersten Dinge in meinem Leben."

Ein komisches Gefühl

Ein Abschnitt geht zu Ende, ein neuer beginnt? Ja und nein. Olivia bereitet sich jetzt aufs Psychologiestudium vor. Doch sie wird "ihr" Jipe Moyo Center weiter als Spendensammlerin unterstützen. Zum Beispiel am Freitag, 23. Februar, 20 Uhr, wenn sie das Center und ihre Arbeit dort auf Einladung der Kirchengemeinde in St. Nikolaus in Wendelstein, Sperbersloher Straße, vorstellen wird.

Und noch etwas haben die vier Monate in Tansania bei ihr ausgelöst. Aufgrund der Sprachschwierigkeiten hat sie sich trotz aller Herzlichkeit mitunter als Außenseiterin gefühlt. "Ich kann mich jetzt eher in die Gefühle von Flüchtlingen hier in Deutschland hineinversetzen", sagt sie. Die Folge: Einmal pro Woche arbeitet sie jetzt ehrenamtlich in Nürnberg im dortigen Helferkreis mit. Sie muss bald los. Aber noch ist Zeit. Deutschland ist zwar kalt im Januar. Aber es gibt ja diesen wunderbaren Milchkaffee.

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