Seit Jahren ohne Führerschein: Reichsbürger muss in Haft

11.4.2017, 19:06 Uhr
Im Frühjahr 2016 stoppte ihn die Polizei bei einer Routinekontrolle in Roth, im Januar 2017 verhängte das Amtsgericht Schwabach wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis acht Monate Freiheitsstrafe.

© dpa Im Frühjahr 2016 stoppte ihn die Polizei bei einer Routinekontrolle in Roth, im Januar 2017 verhängte das Amtsgericht Schwabach wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis acht Monate Freiheitsstrafe.

Es ist eine faszinierende Vorstellung: Man darf sich alles nehmen - und ist plötzlich auch noch auf der legalen Seite. Folgt man der Argumentation von Hans W. (Name geändert) muss man ihn genau so verstehen: Sein Strafregister weist zwölf Einträge aus, seit 1977 wurde der Oberpfälzer immer wieder verurteilt - es ging um Veruntreuung und Betrug, falsche Verdächtigung und verweigerte Unterhaltszahlungen. 2013 befand ihn das Amtsgericht Neumarkt für ungeeignet, ein Fahrzeug zu führen. Damals wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre verhängt. Vor Ablauf dieser Sperre hätte ihm die Führerscheinstelle keine neue Fahrerlaubnis erteilen dürfen. Doch W. bemühte sich darum nicht, er sieht sich ohnehin im Recht.

Im Frühjahr 2016 stoppte ihn die Polizei bei einer Routinekontrolle in Roth, im Januar 2017 verhängte das Amtsgericht Schwabach wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis acht Monate Freiheitsstrafe – vor der Berufungskammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth wehrte sich Hans W. gerade gegen dieses Urteil.

Er trägt vor, dass er nach der Kontrolle sofort freiwillig aus dem Wagen gestiegen sei und seinen Weg zu Fuß fortsetzte. Als Autofahrer habe er nie jemanden gefährdet oder gar verletzt. Überdies sei er "Grundrechtsträger", Mitglied des "Bundesstaats Bayern Deutsches Reich". Der Staat sei überhaupt "nicht legitimiert", ihm den Schein zu nehmen, ergo halte er sich auch nicht daran.

Zweifel am Realitätssinn

Vor Gericht erinnert er an den früheren CSU-Politiker Otto Wiesheu, der unter Alkoholeinfluss einen tödlichen Verkehrsunfall verursachte und zum Staatsminister berufen wurde – dass sieben Jahre zwischen Unfall und Dienstantritt lagen, erwähnt er nicht. Aus seiner Sicht zeige dies, ebenso wie die "pauschale Verunglimpfung" kritischer Geister als "Reichsbürger", nur, dass mit der Presse und dem Rechtssystem etwas nicht stimme, und überhaupt, so wie die Richter im Fernsehen seien "die Richter in der Realität auch nicht".

All dies sind Stichworte, die bei der Verwaltungsbehörde für Zweifel am Realitätssinn des W. sorgten, und daran, ob er zum Führen eines Fahrzeugs geeignet sei, eine medizinisch-psychologische Untersuchung wurde verlangt. Diese kam nicht, ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen.

Aber ist ein "Reichsbürger", pauschal betrachtet, verrückt genug, um nicht mehr Auto fahren zu dürfen? Fakt ist: Hans W. hätte dies von dem Rechtssystem, das er ablehnt, verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen können, Klage gegen den Entzug der Fahrerlaubnis erheben können. All dies hat er nicht getan, glaubte er doch, gegen ihn dürfte nicht einmal verhandelt werden. Nun hat das Landgericht die Freiheitsstrafe von acht Monaten bestätigt.