Pilotprojekt in Weißenburg

26.7.2016, 13:00 Uhr
Pilotprojekt in Weißenburg

© Limes-Luftbildservice

„Wir befinden uns hier noch im Versuchsstadium“, sagte Thomas Keller mit Blick auf die vierte Reinigungsstufe für die Abwässer. Der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach überreichte den entsprechenden Förderbescheid jüngst an Weißenburgs Oberbürgermeister Jürgen Schröppel.

Bayernweit hatten sich sechs mittelgroße Städte für die Pilotanlage beworben, die Wahl fiel letztlich auf Weißenburg, da hier auch Krankenhaus, Altenheime und Facharztpraxen vorhanden sind. Ausschlaggebend war allerdings die Schwäbische Rezat, die sehr wenig Wasser führt und als sogenannter Vorfluter das gereinigte Abwasser aus der Weißenburger Kläranlage aufnimmt. Keller: „Dabei kamen im trockenen Sommer 2015 87 Prozent des Abflusses in der Rezat aus der Kläranlage.“ Ein Spitzenwert.

Hohe Arzneimittelrückstände

Entsprechend hoch sind deshalb auch die Werte für Arzneimittelrück­stände oder hormonell wirkende Stoffe. „Die Fachwelt spricht von einer Verweiblichung der Fischarten.“ Die genaue Wirkung der Arzneimittel­rückstände sowie deren Zerfallsstoffe seien aber noch immer nicht genau erforscht, jedoch in Fischen und Amphibien längst nachweisbar. Langfris­tig sollen sie deshalb in den größeren Kläranlagen durch die vierte Reinigungsstufe entfernt werden. Mit der Pilotanlage in Weißenburg solle auch erforscht werden, „wie das funktionieren kann“.

Geplant wird die Anlage vom Weißenburger Ingenieurbüro Dr. Resch, dessen Spezialgebiet die Abwasserreinigung ist. Für Keller wie OB Schröppel ist das eine sehr gute Wahl, vor allem wegen der räumlichen Nähe. „Die Ingenieurleistung wurde europaweit ausgeschrieben, und ich freue mich, dass mit dem Büro Dr. Resch eine einheimische Fachfirma den Zuschlag erhalten hat“, sagte Schröppel.

Resch-Geschäftsführerin Regine Schatz erläuterte bei der Förderbescheid-Übergabe die Technik, die bei dem Pilotprojekt in Weißenburg eingesetzt und getestet werden soll. Das Abwasser wird nach der dritten Rei­nigungsstufe durch zwei sogenannte „Ozonierer“ geleitet. Das darin enthaltene hochaktive Ozon (O3) oxidiert die Arzneimittelrückstände wie Hormone und spaltet diese auf. In zwei nebeneinander geschalteten Filtern – die eine Linie mit Sand, die andere mit Aktivkohle – werden die Stoffe dann aus dem Wasser entfernt. Nicht ausgefiltert werden können Kontrastmittel, die etwa bei Röntgen-Unter­suchungen eingesetzt werden.

Technik und Kosten im Blick

Die Weißenburger Pilotanlage und deren Resultate bei der Reinigung wird auch wissenschaftlich begleitet. An insgesamt sechs Messstellen vor, während und nach der Reinigung werden ein Jahr lang die Werte dokumentiert. „Wir wollen wissen, ob die Annahmen von der Reinigungsleistung richtig sind und ob der Betrieb dieser Reinigungsstufe wirtschaftlich darstellbar ist“, so die Diplom-Ingenieurin. Zwar gebe es in Deutschland schon Versuchsanlagen mit Ozon-Behandlung des Abwassers, aber bislang noch ohne Nachfiltrierung.

Die Ausschreibungen für den Bau der Pilotanlage auf dem Gelände der Weißenburger Kläranlage sind bereits gelaufen, in dieser Woche werden die ersten Aufträge vergeben. Der offizielle Spatenstich soll dann bereits am 8. September erfolgen, und die Anlage soll im Mai 2017 in Betrieb gehen. „Bislang sind derartige Anlagen noch nicht gesetzlich vorgeschrieben. Der Bau beruht auf Freiwilligkeit“, hob Thomas Keller vom Wasserwirtschaftsamt jetzt bei einem Ortstermin hervor.

Allerdings will der Freistaat Bayern mit der Weißenburger Anlage auch ergründen, ob eine vierte Reinigungsstufe auch von den Betriebskosten für die Kommunen und damit für die Bürger als Beitragszahler tragbar ist. Zudem erhoffen sich die Fachbehörden neue Erkenntnisse, ob mittels Sandfiltern das „Mikroplastikproblem“ in den Griff zu bekommen ist. Denn auch diese winzigen Teilchen finden sich mittlerweile in den Gewässern und in den Fischen.

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