Weimersheimer Eheglück: Gerda und Hellmuth Lichtenwalder feiern diamantene Hochzeit

27.12.2017, 06:00 Uhr
Weimersheimer Eheglück: Gerda und Hellmuth Lichtenwalder feiern diamantene Hochzeit

© Jürgen Leykamm

Am 30. Januar 1945 stellt das Schicksal seine Weichen. Die kleine Gerda Döring flieht mit ihrer Familie von Königsberg (Kaliningrad) nach Dänemark. Es findet sich kein Platz mehr auf der berühmten „Wilhelm Gustloff“, und so muss man auf ein Frachtschiff ausweichen – was sich als Lebensrettung erweist, denn der einstige Truppentransporter wird bekanntlich Opfer eines sowjetischen U-Boot-Angriffs.

Gerda landet drei Jahre später in Deutschland. In Weißenburg kommt die Familie im Flüchtlingslager auf der Ludwigshöhe unter, jenes auf der Wülzburg ist voll besetzt. Nach Bezug der eigenen vier Wände bauen sich die Dörings eine eigene Existenz auf und Gerda lässt sich zur Handstickerin ausbilden – das vererbte Geschick der Großmutter, die Gutsschneiderin war, hilft ihr dabei.

Von alldem weiß Hellmuth Lichtenwalder zunächst nichts. Der Weimersheimer Schreinersohn lernt Sattler und Polsterer. Drei Tage nach dem letzten Schultag beginnt seine Lehrzeit in Weißenburg. Fortan kreuzen sich dort die Arbeitswege des künftigen Paares des Öfteren.
„Sie hat mir gut gefallen“, blickt der heute 82-Jährige zurück. Am Schweppermannsbrunnen ergeben sich die ersten Gespräche. Dann wagt er es und lädt Gerda ins Kino ein. Peter Alexander heißt damals einer der großen Leinwandstars, „oft haben wir uns Heimatfilme angesehen,“ erinnert sich die heute 79-Jährige.

1957 segeln beide in den Ehehafen nach Weimersheim. Nach den ersten vier Kindern wird Lichtenwalders Geburtshaus endgültig zu klein. Mitte der 1960er-Jahre bezieht die junge Familie ein eigenes Haus, bald ist sie siebenköpfig. Es gilt hart zu kalkulieren. Nicht selten reicht das Geld am Monatsende gerade noch für einen Laib Brot. Oft kennt Hellmuth keinen Fei­erabend mehr, Gerda steuert durch Heimarbeit und einen Nebenjob als Reinigungskraft ihr Scherflein zum Haushalt bei.

Die Zeiten werden besser, die Kinder größer – und nach 23 Jahren beginnt der Ehemann eine zweite Berufslaufbahn als Eisenbahner, die sehr holprig gerät. Aus einfachem Grund: Als Gewerkschaftsfunktionär setzt er sich stark für seine Kameraden ein, weswegen so mancher Stein auf dem eigenen Weg landet.

Auf ihrer gemeinsamen Wegstrecke begleitet die Lichtenwalders kulturelles, künstlerisches und soziales En­gagement: Hellmuth etwa ist seit über 40 Jahren Vorsitzender des Weißenburger Brieftaubenvereins und hat als Züchter schon so manchen Preis eingeheimst. Auch als Musiker macht er von sich reden. Unter anderem mit ei­nem Mundharmonika-Ensemble, das schon im Kulturzentrum Karmeliterkirche für Begeisterung sorgte.

Gerda wiederum engagierte sich jeweils zehn Jahre im örtlichen Gesangverein sowie beim Bayerischen Roten Kreuz in Weißenburg. Beim „ostpreußischen Doppelstricken“ im Ellinger Schloss lässt ihre alte Heimat grüßen, die sie vor 15 Jahren das erste Mal wieder besucht hat.
Zu ihren fünf Kindern haben beide ein gutes Verhältnis. Das Paar darf sich zudem über zwölf Enkel und acht Urenkel freuen. Seinen Beitrag zur Gesundheit im Dorf leistet Hellmuth Lichtenwalder als Imker, der den selbst erzeugten Honig im Ort verteilt. Im Alter von 14 Jahren bekam er die ersten Bienenvölker von seinem Großvater vererbt, erinnert er sich.
Ehefrau Gerda hat ihre Memoiren indes schon in der Schublade liegen – doch sie wollen noch ins Reine geschrieben werden. In naher Zukunft könnte dank ihrer Kreativität eine schmucke Hausfahne mit Wappen beider Domizile zieren. Die richtige Perspektive sei es, die eine solche lan­ge Ehe wie die ihre ermögliche, betont es das Paar: „Wir zählen die guten Jahre . . .“

Zu dem seltenen Ehejubiläum beglückwünschten neben Familie und Freunden auch Weißenburgs Bürgermeisterin Maria Schneller und Pfarrer Hans Rohmer das Paar.

 

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