Einer mit langem Atem

2.7.2011, 09:29 Uhr
Einer mit langem Atem

© Renner

Mancher hatte Jürgen Schröppel unterschätzt und dem eher zurückhaltend wirkenden Typ mit dem grau melierten Vollbart nicht zugetraut, dass er sich das Amt erkämpft. 2002 war der gebürtige Nördlinger schon einmal bei der Weißenburger Oberbürger-meisterwahl angetreten, wohlwissend, dass er den fest im Sattel sitzenden Reinhard Schwirzer nicht würde besiegen können. Doch der Amtsrichter hatte sich derweil bekannt gemacht.

Hernach übernahm er das Amt des SPD-Fraktionsvorsitzenden und machte ruhig und besonnen Sachpolitik, um sich als OB-Nachfolger zu empfehlen. Dass er bei der Wahl 2008 dennoch einen schweren Stand haben würde, wusste er genauso, wie dass es angesichts der zwei weiteren Bewerber, Wolfgang Hauber (Freie Wähler) und Bernhard Amend (damals Parteiloser für die CSU), eine Stichwahl geben würde.

Stichwahl gewonnen

Schröppel war im Wahlkampf, wie schon 2002, von Haustür zu Haustür gezogen, um für sich zu werben. Er bewies einen langen Atem und das zahlte sich aus. In der Stichwahl gegen Bernhard Amend holte er 51,7 Prozent der Stimmen und zog ins OB-Zimmer ein.

Eine feste Mehrheit hat er im Stadtrat allerdings nicht. Seine Sozialdemokraten entsenden acht Vertreter. Stärkste Fraktion ist nach wie vor die CSU mit elf Sitzen. Die Freien Wähler haben drei Mandate, die FDP und Die Linke stellen je einen Stadtrat. Schröppel muss sich also stets Mehrheiten suchen und setzt dabei auf Konsens. Und das, obwohl er selbst von sich sagt: „Ich bin in manchen Situationen nicht der große Diplomat.“

Doch bisher fuhr er ganz erfolgreich mit seiner Linie, denn der weit überwiegende Teil der Entscheidungen fiel einstimmig oder mit großen Mehrheiten. Schröppel versteht sich dabei als Moderator. Da komme ihm seine Erfahrung als Richter zugute: „Es ist immer besser einen Vergleich zu schließen, bei dem beide Seiten ihr Gesicht wahren, als dass einer als Verlierer aus dem Saal geht. Da würde ich schon die Saat für den nächsten Konflikt legen.“

Schröppel ist „froh, dass es gelungen ist, im Stadtrat ein vernünftiges Klima zu schaffen“. Er weiß aber auch, dass seine Kompromissfähigkeit nichts wert wäre, würden nicht auch die anderen mitspielen. „Das hängt immer an Personen“, sagt der 49-Jährige und meint dies anerkennend für die Ratsdamen- und herren.

Auch die Gegenseite erkennt seine ausgleichende Art an. CSU-Fraktionschef Rüdiger Schork schätzt an Schröppel, dass er für Argumente offen ist und mit sich reden lässt. Er schränkt aber ein: „In Dingen, die er gar nicht will, bewegt er sich auch nicht.“ Und manches werde nicht so schnell umgesetzt, wie er und die übrigen Christsozialen das wünschten, beispielsweise die ökologisch ausgerichtete Bebauung des ehemaligen Sportgeländes an der Jahnstraße.

Doch dass manches warten muss, ist angesichts der zahlreichen beschlossenen oder fortgesetzten Projekte kein Wunder, denn die Verwaltung muss all dies ja auch abarbeiten und begleiten: Bau der Westtangente, Neubau der Seeweiherschule und der Großturnhalle, Erweiterung der Römischen Thermen sowie Neugestaltung des Marktplatzes, um nur die größten Baumaßnahmen zu nennen.

Dass es gerade bei letztgenanntem Projekt gelungen ist, einen Kompromiss zu finden, macht Schröppel – auch wenn er das Wort nicht mag – „stolz“. Eine „jahrzehntelange Dis­kussion“ sei beendet worden. Der OB: „Wir hätten problemlos nochmals 20 Jahre diskutieren können, wie viele Parkplätze wir da brauchen. Aber irgendwann muss eben mal entschieden werden.“ Auch seine Entscheidungsfreude habe er aus dem Richteramt mitgebracht.

Wie er generell glaubt, dass als OB „eine juristische Ausbildung nicht von Schaden ist“. Es gebe nunmal „keinen Studiengang Oberbürgermeister“. Vieles müsse man sich also erst aneignen. Aber er fühlt sich „in der Aufgabe sehr wohl“ und sieht das Amt als „interessante und herausfordernde Tätigkeit“ an. Schröppel: „Ich hab’s in keinster Weise bereut.“

Er räumt allerdings ein, den zeitlichen Aufwand unterschätzt zu haben, gerade was Termine angeht, bei denen man als OB Präsenz zeigen muss, die aber mit der eigentlichen Arbeit nicht viel zu tun haben. Dennoch sei er „nicht Tag und Nacht im Dauereinsatz“. „Es gelingt schon ein paar Freiräume zu schaffen“, sagt der passionierte Golfspieler, schränkt aber ein: „Man muss sich dazu zwingen.“

„Banale Dinge“

Das ist nachvollziehbar, wenn man die Vielschichtigkeit sieht, die das Amt bietet und die auch an den weiteren Erfolgen abzulesen ist, die sich Schröppel für die erste Hälfte seiner Amtszeit auf die Fahnen schreibt: Die Umsiedlung des Jugendzentrums, die Aufnahme der offenen Jugendsozialarbeit und der Sozialarbeit an den Schulen, die Einrichtung des Seniorenbeirats, die zweite Kinderkrippe, die Durchführung zweier Architektenwettbewerbe, die Verlegung des Wochenmarktes und die Eröffnung der Kunstschranne.

Die beiden letzten Punkte nennt er „banale Dinge, die man einfach mal anpacken musste.“ Gleichzeitig seien das aber „weiche Standortfaktoren, die für eine Stadt wie Weißenburg wichtig sind“.

Es verwundert also nicht, dass Schröppel mit Blick auf sein Amt sagt, „es macht Spaß, wenn man sieht, dass man was vorankriegt“, gleichzeitig aber feststellt, „dass einem die Zeit zwischen den Fingern verrinnt“. In der zweiten Hälfte der Wahlperiode gelte es, all das abzuarbeiten, was bisher auf den Weg gebracht wurde.

Was hernach kommt, wird sich zeigen und hängt viel von den finanziellen Rahmenbedingungen ab. Der Sozialdemokrat will auf jeden Fall auch nach 2014 weitermachen, vorausgesetzt, die Wähler geben ihm dazu den Auftrag. „Ich bin ja angetreten mit der Aussage, für mehr als eine Amtsperiode zur Verfügung zu stehen“, sagt er. Da ist er wieder, der lange Atem des Jürgen Schröppel.