Klares Zeichen gegen rechts

12.12.2011, 08:11 Uhr
Klares Zeichen gegen rechts

© Renner

Die Kundgebung selbst und auch die Nacht danach verliefen friedlich. Neonazis ließen sich nicht blicken. Die Weißenburger Polizei hatte sich durch uniformierte und zivile Kräfte verstärkt. Ab der Mittagszeit war die starke Präsenz der Einsatzkräfte in Weißenburg unübersehbar. Unter anderem wurde speziell das Jugendzent­rum geschützt. „Das haben wir seit dem Angriff ohnehin besonders im Fokus“, machte ein Polizeisprecher gestern deutlich.

Anders als vor zwei Wochen, als sich bei der Mahnwache am Juz die offiziellen Vertreter ziemlich rar gemacht hatten, waren diesmal auch Politik und Kirchen allesamt mit ihren obers­ten Repräsentanten da. Dazu gesellten sich Hunderte Bürger jeden Alters. Vom Schüler bis zum Rentner war die ganze Bandbreite abgedeckt. Es war genau der Menschenmix, den sich die Veranstalter des Landkreisbündnisses gegen rechts erhofft hatten.

Klares Zeichen gegen rechts

© Maurer

Dicht an dicht standen die Demons­tranten, hielten vereinzelt Fahnen der Friedensbewegung oder „Gegen Na­zis“-Transparente hoch und trotzten der Kälte. „Heute stehen hier Menschen unterschiedlicher Abstammung, unterschiedlicher Religion und unterschiedlicher Lebensbiografien“, stellte Erkan Dinar vom Landkreisbündnis fest. „Sie alle teilen die Überzeugung, in unserem Landkreis keine Menschen zu dulden, welche sich in ihrem Denken und Handeln gegen das friedliche Zusammenleben richten.“ Das gemeinsame Vorgehen gegen die Rechten wurde in unterschiedlichen Worten in nahezu allen Redebeiträgen thematisiert und besonders herausgestellt.

Sprechchor gegen Wägemann

Einen Dämpfer musste diese Geschlossenheit allerdings hinnehmen. Einige aus der Antifa-Szene haben offensichtlich Landrat Gerhard Wägemann nach dessen lauter Kritik am Landkreisbündnis gegen rechts zum neuen Feindbild auserkoren. Als dieser in seinem Grußwort feststellte, dass Gewalt „weder von rechts noch von links“ ein Mittel politischer Auseinandersetzung sein dürfe, legte sofort ein Sprechchor los, um ihm faschistische Tendenzen zu unterstellen und ihn als „Heuchler“ zu titulieren. Die vermeintliche Spontaneität wirkte dabei reichlich einstudiert – offenbar hatten die Rufer darauf gewartet, dass Wägemann irgendwann auch Linke erwähnt. In anderen Ecken des Platzes gab es aber auch gegen den Sprechchor gerichtete „Aufhören“-Rufe.

Klares Zeichen gegen rechts

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Der neue Landrat sprach unbeirrt weiter, und nach Kurzem beruhigte sich das Publikum wieder. Das Thema griffen später allerdings Anna Ullrich und Nicolas Overdiek, die Sprecher des Jugendzentrums, noch einmal auf. Ullrich distanzierte sich klar von Wägemanns Worten und sprach von einer „Verharmlosung der Nazigewalt“. Ihre Ansicht: „So macht man es sich zu leicht.“

Das Auftreten der beiden Juz-Sprecher wiederum sorgte bei der CSU für Unmut. Eine größere Gruppe verließ geschlossen die Veranstaltung – wobei die Juz-Rede ohnehin der letz­te Beitrag auf der Liste der Ansprachen war. Stadtverbandsvorsitzender Klaus Drotziger betonte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass dies kein Ausscheren der CSU aus der Linie gegen rechts sei. „Aber wir hielten die Aussagen der beiden Sprecher einfach für nicht angebracht. Schließlich ist das Juz keine politische Einrichtung.“

Bemerkenswert: Auch die Weißenburger CSU ist nicht vor rechten Anfeindungen geschützt. Das Bayerische Landeskriminalamt hat Drotziger am Tag vor der Kundgebung informiert, dass sich auf einer der Listen der Zwickauer Terrorzelle auch die CSU Weißenburg findet – zusammen mit weiteren rund 10000 Namen, Organsisationen und Institutionen. Das LKA ist sich noch nicht im Klaren darüber, wofür diese Listen gedacht waren, berichtete der Stadtverbandsvorsitzende den Mitgliedern in einer Rundmail. Anhaltspunkte für konkrete Anschlagsplanungen gebe es nach derzeitigem Kenntnisstand nicht.

Gedenken

Wie vor wenigen Tagen bekannt geworden war, hatte der „Nationalso­zialistische Untergrund“ auch die Haundorfer SPD-Landtagsabgeordnete Christa Naaß im Visier (wir berichteten). Das zeigt, dass das Landkreisbündnis gegen rechts nicht zu hoch griff, als es die Kundgebung zum einen als Zeichen gegen die jüngsten rechten Umtriebe in Weißenburg und Umgebung und zum anderen als Gedenken der Opfer der Zwickauer Terrorzelle verstanden wissen wollte.

Harald Dösel vom Landkreisbündnis erinnerte in seiner Begrüßung an die zehn Ermordeten. „Zehn einzigartige Individuen wurden ausgelöscht, nur um eine perverse rassistische Ideologie in die Tat umzusetzen.“ Er rief zu einer Schweigeminute im Gedenken an die Opfer auf. Im Anschluss verlasen drei Schülerinnen der Mittelschule die Namen der Ermordeten. Diese hielten weitere Helfer auch auf Schildern in die Höhe. Die Schilder stellten sie später an der Seite der Andreaskirche ab, und etliche Besucher der Kundgebung stellten dort als Zeichen der Trauer und des Mitgefühls Kerzen auf.

Die Organisatoren hatten auch die Türkisch-Islamische Gemeinde in die Kundgebung eingebunden – schließlich handelt es sich bei den Ermordeten meistbietend um Muslime. Sprecher Hamit Bakir zeigte keinerlei Verständnis dafür, dass die Verantwortlichen der Morde „erst nach Jahren und nur durch Zufall“ bekannt wurden. Er verlangte eine „zügige Aufklärung ohne Spielchen“ und bekam da­für viel Beifall von den Menschen auf dem Martin-Luther-Platz. Aber er stellte sich auch klar hinter das Juz, das jüngst das Ziel eines Angriffs von Vermummten war. „So etwas darf nicht passieren!“ Bakir rief alle dazu auf, den in Weißenburg eingeschlagenen Weg des Miteinanders gemeinsam weiterzugehen und „für Freiheit und Demokratie“ einzutreten.

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