Mammutprojekt Wülzburg

24.1.2012, 08:30 Uhr
Mammutprojekt Wülzburg

© Renner (Archivfoto)

Den aktuellen Stand der Dinge stellte dem Bauausschuss Dr.-Ingenieur Norbert Bergmann aus Pfaffenhofen/Ilm vor, der mit seinem Büro seit vielen Jahren die Sanierungsmaßnahmen an dem einzigartigen Renaissancebauwerk betreut. Er machte einmal mehr deutlich, dass der Erhalt der Wülzburg eine Mammutaufgabe ist, alleine wegen ihrer Dimensionen. Sie hat eine Fläche von 73 000 Quadratmeter. Der mit der Festung umbaute Raum misst 317 750 Kubikmeter. Und die beiden Schlossflügel umfassen einen Raum von 51 150 Kubikmeter. Zum Vergleich: Ein etwas größeres Einfamilienhaus weist 1000 Kubikmeter auf.

Dass ein so mächtiges Bauwerk – zumindest wenn es in die Jahre gekommen ist, wie die ab 1588 bis etwa 1611 entstandene Wülzburg – einen enormen Erhaltungsaufwand mit sich bringt, versteht sich von selbst. Doch die Finanzierung ist problematisch. Seit 1968 bemüht sich die Stadt Weißenburg, in deren Besitz fast die komplette Anlage ist, das Baudenkmal von nationaler Bedeutung zu sichern. Doch dabei wurde sie vor einigen Jahren alleine gelassen: Bund und Land zogen sich aus der Förderung zurück. 

Erst ein lauter Hilfeschrei des damaligen Oberbürgermeisters Reinhard Schwirzer, bei dem er auch das Szenario eines teilweisen kontrollierten  Einsturzes zeichnete, stieß in München auf Gehör. Und so wurde für die Jahre 2008 und bis 2012 ein 4,38-Millionen-Euro-Programm aufgelegt. Die stolze Summe von 2,25 Millionen Euro fließt vom Bayerischen Entschädigungsfonds. 650 000 Euro steuert die Bayerische Landesstiftung bei. Der Entschädigungsfonds gewährt darüber hinaus ein zinsgünstiges Darlehen  über 210 000 Euro. Und 25 000 Euro schießt der Bezirk Mittelfranken zu. Die Stadt Weißenburg muss 1,25 Millionen Euro berappen.

Die damit finanzierten Maßnahmen sind Bergmann zufolge in den vergangenen vier Jahren „relativ geräuschlos“ gelaufen. Der Ingenieur: „Es ist ziemlich viel geschehen auf der Wülzburg.“ Und er ist überzeugt: „Was wir jetzt gemacht haben, dürfte lange Zeit stabil sein.“

Der neue Schaden an der Außenseite der Bastion Krebs (wir berichteten), sei bereits bei den Planungen für das laufende Fünfjahresprogramm erkannt worden. Der Mauerbereich stand auf der Liste der diesjährigen Aufgaben. Bergmann: „Das war ein Einsturz mit Ansage. Wir wussten, dass wir da was machen müssen.“ Doch manchmal schreite der Verfall eben schneller voran. Der Festungsfachmann: „Das ist das Problem der Wülzburg.“

Das 19. Jahrhundert rächt sich

Bemerkenswert ist, dass die Schadstelle bereits einmal repariert wurde. Im 19. Jahrhundert hatten an einigen Stellen die Außenmauern neue Fassaden erhalten. Die wurden Bergmann zufolge „durchaus solide“ mit Wandstärken von 30 bis 40 Zentimetern ausgeführt. Nur wurden die Fassaden nicht mit dem eigentlichen Mauerwerk verbunden: Bergmann: „Heute ankern wir alles zurück, sodass uns so etwas nicht mehr passieren kann.“ Die schlechte Nachricht dabei: Wohl alle Reparaturstellen aus jener Zeit werden über kurz oder lang saniert werden müssen. Der Ingenieur: „Das 19. Jahrhundert wird uns noch länger ärgern.“

Das zeigt exemplarisch, was er meint, wenn er sagt: „Aber die Wülzburg ist ja nicht fertig.“ Bei den zuständigen Stellen in München müsse daher gesagt werden: „Die Wülzburg kommt wieder.“ Dazu soll nach Bergmanns Lesart wieder ein Drei- bis Vierjahresprogramm vorgeschlagen werden, das – wie das aktuelle – die Schäden nach drei Prioritäten einteilt. Stufe 1: Dringend, hier muss gehandelt werden, weil von dem Schaden eine Gefährdung ausgeht. Stufe 2: Reparatur muss in drei bis vier Jahren erfolgen. Stufe 3: Schaden greift nicht in die Standfestigkeit ein, muss aber beseitigt werden.

Bergmann hat dazu ein Programm erstellt, das für die Zeit von 2013 bis 2016 Investitionen von 1,834 Millionen Euro vorsieht. Das Projekt kann nach Einschätzung des Festungsexperten noch etwas gestreckt werden, „aber bitte nicht auf zehn Jahre und mehr“. Er spricht sich außerdem für einen nahtlosen Anschluss an das laufende Programm aus, denn ein Aussetzen der Maßnahmen würde nur den Reparaturumfang in den Folgejahren erhöhen.

Dass die Stadt die Instandhaltung der mächtigen Festung nicht alleine schultern kann, steht für ihn außer Frage: „Wir brauchen einen Partner, der das mitfinanziert. Das kann nur der Freistaat sein.“ Und die Signale aus München stehen dafür nicht schlecht.

Bei einem Gespräch mit dem zuständigen Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch, wurde OB Jürgen Schröppel und seinen Mitarbeitern  gesagt, dass man „von der stetigen Notwendigkeit eines Bauunterhalts ausgeht“, heißt es in den Bauausschussunterlagen und weiter: „Es wurde signalisiert, dass trotz Auslas-tung des Entschädigungsfonds für die nächsten Jahre ein Förderprogramm – natürlich mit weitaus geringerem Umfang als bisher – noch machbar erscheint.“

In welcher Höhe die Förderung erfolgt, ist freilich offen. Im städtischen Bauamt geht man von einem Eigenanteil von 150 000 bis 200 000 Euro pro Jahr aus und hofft auf Zuschüsse in gleicher Höhe. Stadtbaumeister Thomas Schwarz zufolge „lohnt sich eine Baustelleneinrichtung auf der Wülzburg bei Maßnahmen für 400 000 Euro wirklich“. Mindestens müssten es aber Aufträge für 200 000 bis 250 000 Euro sein.

Breite Zustimmung

Bei den Stadträten stieß der Vorschlag für ein Anschlussprogramm auf breite Zustimmung. CSU-Fraktionschef Rüdiger Schork zeigte sich überzeugt, dass sich mit der Wülzburg „noch Generationen beschäftigen werden“. Die Stadt müsse wohl jährlich rund 200 000 Euro zur Verfügung stellen, auch wenn der Freistaat sich nicht beteilige. Dem pflichtet Gabi Schlör bei: „Wenn wir nichts bereitstellen, verfällt sie wieder.“ Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende: „Vielleicht sollten wir die Wülzburg aber noch besser vermarkten.“

Keine Kommentare