Retter „im Blindflug“

1.12.2010, 22:00 Uhr
Retter „im Blindflug“

© Michael Matejka

Nach einer Serie von Problemen ermittelt nun sogar die Staatsanwaltschaft. Es geht um den tragischen Tod eines Eishockeyspielers aus Fürth. Wie berichtet, kamen die Helfer erst 68 Minuten nach dem ersten Anruf in der Rettungsleitstelle in die Nürnberger Arena. Die Ermittler müssen klären, ob eine schnellere Versorgung das Leben des Mannes hätte retten können. Oder ob sein Tod das Ergebnis einer Verkettung unglücklicher Umstände war.

Dieser Fall kam gestern auch in der Versammlung des Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung auf den Tisch; im nicht öffentlichen Teil. Neue Informationen bekamen die Verbandsmitglieder nicht. Die Feuerwehr schwieg mit Hinweis auf das laufende Verfahren.

Der tragische Tod des Sportlers markiert den Höhepunkt einer Reihe von Negativ-Schlagzeilen über die neue Leitstelle. Die Nürnberger Feuerwehr, die neuerdings Rettungsdienst und Feuerwehren in Nürnberg, Fürth, Erlangen und in den Kreisen Nürnberger und Fürther Land und Erlangen-Höchstadt alarmiert, räumte enorme Anlaufschwierigkeiten ein. Das neue Alarmierungssystem ging zeitweise sogar ganz in die Knie. „An einem Nachmittag stand die Datenbank etwa eine Stunde lang still“, sagte Leitstellen-Chef Marc Gistrichovsky. Die Einsatzdisponenten mussten improvisieren.

Für die Feuerwehr ist das Hauptproblem ausgemacht: Das Unternehmen, das die neue Leitstellen-Software programmierte, lieferte ein Produkt mit Mängeln. Die Software funktioniere vielleicht in so beschaulichen Orten wie Hof, sei aber mit den Einsatzzahlen einer Stadt wie Nürnberg völlig überfordert gewesen, heißt es. „Ich kann mir vorstellen, dass die Firma das anfangs unterschätzt hat“, fuhr Gistrichovsky fort. Das sei ärgerlich, weil viele Probleme bereits beim Start anderer bayrischer Leitstellen beobachtet worden seien und als behoben galten, so Knut Engelbrecht, Geschäftsführer des Zweckverbands.

GPS gefordert

Am Ende wusste sich die Feuerwehr nicht mehr anders zu helfen und schaltete das Innenministerium ein. Später „schlug der oberste Programmierer der Firma bei uns auf“. Laut Feuerwehrchef Volker Skrok „läuft die Leitstelle mittlerweile einwandfrei“. Das sehen nicht alle so. In Erlangen und im Kreis Fürth hakt es offenbar noch. Es seien einige Alarmierungen schiefgelaufen, so Landrat Matthias Dießl.

Auch die Notärzte halten mit Kritik nicht hinterm Berg. Sie drängen auf GPS für Rettungs- und Krankenwagen, damit die Leitstelle weiß, wo die Fahrzeuge sind. Das ist im Augenblick nicht der Fall. Laut Notärzte-Sprecher Claus Heuschmid kommt es zu abwegigen Alarmierungen. „Wir fahren teilweise im Blindflug durch Nürnberg.“ Zumindest die Notarztautos bekommen demnächst GPS.