Riesenrutsche neben Friedhof?

8.2.2011, 09:30 Uhr
Riesenrutsche neben Friedhof?

© Winckler

134 Unterschriften aus seiner Nachbarschaft hat Klaus Höllerer in der jüngsten Stadtratssitzung an Bürgermeister Kurt Krömer übergeben und nachgehakt, was die Stadt zu tun gedenke, um dem Mehr an Gästen, das zu erwarten sei, und damit der zunehmenden Verkehrsbelastung und dem Parkdruck Herr zu werden. Vorausgeschickt hatte Höllerer bereits vor Weihnachten ein Schreiben an alle 24 Stadträte, in dem die Anlieger beklagten, dass sie sich geschäftlichen Interessen und denen der Stadt an einen finanzkräftigen Gewerbesteuerzahler geopfert fühlen. „Erschüttert“ zeigt sich Höllerer, „dass sich die Kommune derart auf die Seite des Betreibers stellt“.

Dass die Nachbarschaft von der Sechs-Millionen-Euro-Investition des Palm Beach erst aus der Zeitung erfahren hat, stößt nicht nur Höllerer als Wortführer des Anliegerprotests sauer auf. Auch Pfarrer Janusz Stanczak von der St.-Albertus-Magnus-Kirche reagiert irritiert. Als Seelsorger des Caritas-Altenheims vis-à-vis des Freizeitbades sorgt er sich genauso wie Altenheimleiterin Veronika Eiberger und Pfarrgemeinderätin Ursula Pöllmann-Koller um das Ruhebedürfnis der pflegebedürftigen Senioren. „Absolut unwürdig“ findet es Pöllmann-Koller zudem, wenn bei Beerdigungen am städtischen Friedhof Trauernde mit der Geräusch-Kulisse des Spaßbades ihre Angehörigen zu Grabe tragen müssen.

Bereits vor drei Jahren, als lange Nächte, Lasershows und lautstarke Lautsprecher-Animationen zusehends an den Nerven der Anlieger zerrten, hat Höllerer vor dem Verwaltungsgericht gegen das Landratsamt als genehmigende Behörde geklagt. Die Klage wurde abgewiesen, doch nicht etwa, weil sie inhaltlich als haltlos betrachtet worden wäre, wie Höllerer berichtet. Vielmehr habe das Landratsamt im Verlauf des Rechtsstreits die Lärmschutz-Auflagen für das Freizeitbad verschärft.

Dass sich der Lärm aus dem Bad, den die Anlieger erdulden müssen, bereits damals gerade noch im Rahmen der gesetzlich zulässigen Werte bewegte, liest Höllerer aus der Urteilsbegründung: In ihr legte das Gericht dem Palm-Beach-Betreiber nahe, „im Interesse einer gedeihlichen Nachbarschaft von einer weiteren Ausdehnung des Betriebs abzusehen“. Für zusätzlichen Lärm gibt es nach Einschätzung Höllerers keinen Spielraum mehr.

Bebauung rückt noch näher

Dass die Anlage nicht noch mehr Lärmbelästigung verursache, glauben die Anlieger nicht. Sie soll der alten Rutschanlage vorgelagert werden, womit die Bad-Bebauung noch näher an die Wohnhäuser rückt. Und die Rutschen werden die Stellplätze auf Palm-Beach-Grund reduzieren. Womit sich der Parkproblematik weiter verschärfe, fürchten die Anlieger. „Am Wochenende und in den Ferien sind hier nicht nur die öffentlichen Parkplätze, sondern auch die Wohnstraßen bis auf den letzten Zentimeter zugeparkt“, berichtet Höllerer.

Gemessen daran, dass die Stadt auf ihrer Homepage die geplante Großrutsche als Sensation feiert, findet Höllerer, wurde der Bauplan auf städtischer Verwaltungsebene sehr still abgehandelt. Lediglich im Bau- und Umweltausschuss vom Oktober stand er auf der Tagesordnung. Alle zehn Ausschussmitglieder stimmten zu. In den Gesamt-Stadtrat ging das Projekt gar nicht mehr. Abzuwägen gab es den Schilderungen von Bürgermeister Kurt Krömer zufolge nicht viel: Die Rutschanlage sei als technische Einrichtung zu werten, die zulässig sei, da sie sich innerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen bewege. Von Mauschelei oder Übervorteilung eines Gewerbesteuerzahlers könne kein Rede sein.

Im Gegensatz zu den Anliegern geht die Stadt auch nicht von einem Besucherzuwachs aus. An diesen genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen hat sich nichts geändert. Kennzahl dafür ist die Anzahl der Kleiderschränke und die bleibe gleich. An der orientiere sich auch die Zahl von 157 Parkplätzen, die der Betreiber nachzuweisen habe. „Und das hat er längst getan, sonst wäre die bisherige Genehmigung des Betriebs gar nicht zulässig gewesen“, sagt Krömer.

Stadt will Parkraum schaffen

Dass die zu großen Teilen über Nutzungsrechte auf öffentlichen Parkplätzen nachgewiesen werden, finden die Anlieger nicht in Ordnung. Doch öffentlicher Straßenraum, entgegnet Krömer, stehe der Öffentlichkeit zur Verfügung, und dazu gehörten die Besucher des Palm Beach genauso wie die des Altenheims oder Anlieger. Nichtsdestotrotz „sehen wir die Problematik und bemühen uns, zusätzlichen Parkraum zu schaffen“.

Auch die Problematik des Lärmschutzes, versichert Bauamtsleiter Wolfgang Schaffrien, ist erkannt: „Der Betrieb darf nicht lauter werden als er ist.“ Befürchtungen, die Rutschen könnten teils offen bleiben, tritt er entgegen: Sie würden komplett abgekapselt und isoliert. Und manche Attraktion, die der Betreiber an-dachte, ist Schaffrien zufolge bereits gekippt. „Raketenstarts, effektvoller Count-Down, Dauerbeschallung oder Soundeffekte via Lautsprecher sind vom Tisch.“

Auch Susanne Roth, die Leiterin der für die Genehmigung zuständigen Abteilung am Landratsamt, weiß, „dass beim Lärm nur noch wenig Luft nach oben ist“. Nachzuweisen, dass er die gesetzlichen Grenzwerte zum Wohngebiet erfüllt, ist Sache des Betreibers. Doch das Lärmgutachten liegt der Kreisbehörde noch nicht in letzter Fassung vor. „Werden die Grenzwerte eingehalten, müssen wir genehmigen“, sagt Roth. Und sie ist für diese klare Vorgabe „eigentlich auch ganz dankbar. Denn wir wissen um den Interessenkonflikt zwischen Anliegern und Bad“.