So lässt sich das Griechen-Drama nicht beenden

24.6.2015, 15:34 Uhr
Im Kern bleibt die alte Rosskur, die bereits in den vergangenen sechs Jahren die griechische Wirtschaft um ein Viertel schrumpfen und die Arbeitslosigkeit auf über 25 Prozent explodieren ließ.

© dpa Im Kern bleibt die alte Rosskur, die bereits in den vergangenen sechs Jahren die griechische Wirtschaft um ein Viertel schrumpfen und die Arbeitslosigkeit auf über 25 Prozent explodieren ließ.

Das fällt nicht ganz so radikal aus, wie es sich manche Hardliner gewünscht haben. Aber es bleibt im Kern die alte Rosskur, die bereits in den vergangenen sechs Jahren die griechische Wirtschaft um ein Viertel schrumpfen und die Arbeitslosigkeit auf über 25 Prozent explodieren ließ.

Ein Schuldenschnitt hingegen, der nach Meinung vieler Experten die einzige echte Hilfe für Griechenland wäre, wurde von den Gläubigern gar nicht erst in Erwägung gezogen.

Schuldendrama vom Spielplan absetzen

Daher werden auch all jene ein weiteres Mal enttäuscht werden, die gehofft hatten, dass die EU-Regierungschefs am Freitag nach einer langen Gipfelnacht endlich das griechische Schuldendrama vom Spielplan absetzen können.

Stattdessen dürfte jetzt der nächste Akt zur Aufführung kommen. Höhere Unternehmens- und Konsumsteuern, steigende Sozialbeiträge, eine Solidaritätsabgabe und Rentenkürzungen mögen zwar theoretisch mehr Geld in die Staatskasse spülen und damit den angepeilten Primärüberschuss erreichbar erscheinen lassen. In der Praxis könnten diese zusätzlichen Belastungen aber auch zu einem weiteren Einbruch der Konjunktur und damit der Staatseinnahmen führen. Eine bittere Niederlage für die Regierung Tsipras, die doch mit dem Versprechen angetreten war, die Verarmung der Bevölkerung zu stoppen.

Die Zeit drängt

Immerhin: Die Pleite Griechenlands und der "Grexit" scheinen vorerst verhindert - was angesichts der Zeitnot und der katastrophalen Finanzlage des Landes durchaus ein Erfolg ist. Die Frage ist allerdings, wie lange sich die europäische Politik auf diesen Lorbeeren ausruhen kann.

Denn über die grundlegenden Probleme Griechenlands und der Währungsunion wurde aus Angst vor den Konsequenzen noch gar nicht geredet. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie Griechenland (und einige andere Euro-Länder) seinen Wohlstand innerhalb der Euro-Zone in Zukunft erwirtschaften und damit die Grundlage für die Rückzahlung seiner Schulden schaffen soll.

Schöne Strände und gutes Olivenöl reichen dafür vermutlich nicht aus. Und die Forderung, die Griechen mögen doch bitte innovative Produkte herstellen, ist naiv.

In welchen Marktnischen, die nicht schon von anderen europäischen Wettbewerbern (nicht zuletzt Deutschland mit seiner extrem konkurrenzfähigen Industrie) besetzt sind, soll dieses Wirtschaftswunder stattfinden? Früher hätte Griechenland dieses Problem mit der Abwertung der Drachme zumindest abmildern können. Heute ist dieser Weg durch die Mitgliedschaft im Euro versperrt.

Goldene Regel

Es hilft nichts: Der Euro-Raum muss sich Gedanken darüber machen, wie seine Mitglieder gemeinsam und nicht gegeneinander wirtschaften können. Und das dürfte auch für Deutschland unangenehm werden. Denn Deutschland hat genauso wie Griechenland gegen die goldene Regel verstoßen, nach welcher der Lohnanstieg etwa dem Produktivitätszuwachs plus der Inflationsrate entsprechen soll.

Griechenland lag lange über dieser Quote, Deutschland lange darunter - was in einem gemeinsamen Währungsraum ähnlich verheerende Folgen hat. Die einen (die Griechen) häufen Schulden an, weil sie zu teuer produzieren, die anderen (die Deutschen) können bei ihren Nachbarn nicht einkaufen, weil ihre Löhne nicht hoch genug sind.

Dieser Teufelskreis und das daraus resultierende wirtschaftliche Ungleichgewicht ist die eigentliche Ursache des Griechen-Dramas. Wer es beenden will, muss eine andere Wirtschaftspolitik verfolgen. Doch dafür gibt es derzeit in Europa keine Mehrheit.

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