Ein Tanz nicht nur für feurige Spanier

25.11.2011, 17:17 Uhr
Ein Tanz nicht nur für feurige Spanier

© Wolfgang Zink

Frauen in bunt wallenden Kleidern, die mit Kastagnetten in der Hand scheppern und auf den Boden stampfen – der Flamenco gilt als fester Bestandteil der Kultur Spaniens. Dabei ist einem Katalonier oder Basken der Tanz manchmal fast genauso fremd wie einem Deutschen. Denn der Flamenco stammt ursprünglich aus der Region Andalusien und ist dort regional verwurzelt.

Andrea Grüner, Gründerin der Tanzschule Aire Flamenco in der Hintermayrstraße, reist deswegen zu Flamenco-Workshops meist nach Sevilla, die Hauptstadt der Provinz Andalusien. Die Nürnbergerin unterrichtet seit über zehn Jahren den spanischen Tanzstil und bietet sowohl Kurse für Anfänger als auch Fortgeschrittene und „Profis“ an. Immer wieder fährt sie in das Heimatland des Flamencos, um an Festivals teilzunehmen und sich weiterzubilden.

Wenn Grüners Gruppe mit dem Training beginnt, hört man das schon vor der Tür im Hinterhof. Denn die Schuhabsätze knallen im Tanzraum laut auf den Boden, während die Gitarrenklänge aus dem Lautsprecher den Rhythmus vorgeben.

Mit den Fingern schnipsen Grüners Schülerinnen im Takt, die Füße sind ständig in Bewegung. Sie scheinen schnell zu trippeln, der eine Fuß wird hinter das Schienbein gestellt, und der Absatz schlägt heftig auf den Boden. Die Bewegungen im Flamenco wirken kräftiger und bestimmter als in anderen Genres, von der eher weichen Ausstrahlung des orientalischen Tanzes ist der „Feuertanz“ weit entfernt. Gabriele Schick kommt regelmäßig ins Aire Flamenco und tanzt bereits seit acht Jahren. „Es wird zur Sucht. Je länger man drin ist, desto mehr entdeckt man“, sagt die 57-Jährige. Ihre Kolleginnen geben ihr Recht. Am Anfang sei es oftmals schwer. Man ahme nur nach, verstehe den Rhythmus aber nicht wirklich.

Ein Tanz nicht nur für feurige Spanier

© Wolfgang Zink

Für Lehrerin Andrea Grüner, ist es am wichtigsten, „dass man bei sich selbst bleibt“. Niemand soll meinen, unbedingt den feurigen Spanier in sich wecken zu müssen, wenn er eben nun einmal eher der ruhigere und introvertierte Typ ist: „Jeder bringt seine eigene Mentalität mit. auch bei den Spaniern sieht man ja kulturelle Unterschiede im Tanzen.“

Von Zeit zu Zeit veranstaltet Grüner kleine Feste in ihrer Schule. In Spanien gibt es viele solcher traditionellen Klubs, die sich der Pflege der Flamenco-Kunst verschrieben haben, Aire Flamenco ist der Erste in Bayern. Die Räume hat die Gründerin bewusst im spanischen Stil gestaltet, die Wände sind ockerfarben gestrichen, und die Fensterrahmen strahlen Türkis. Auf einer Seite des Tanzsaals hängt ein Plakat des Films, der Andrea Grüner erst zum Flamenco gebracht hat: „Carmen“. Regisseur Carlos Saura hat in dieser Produktion die Geschichte der Oper „Carmen“ adaptiert und einen Tanzfilm daraus gemacht. Als „Carmen“ 1983 über die Leinwände der Kinosäle lief, löste der Film eine regelrechte Flamenco-Welle aus. Auch Kursteilnehmerin Andreas Karen ließ sich von der Begeisterung anstecken und schaute sich nach einer Schule um. Seitdem ist die 66-Jährige nie wieder von dem ausdrucksstarken Tanz losgekommen. Selbst gesundheitliche Probleme konnten sie nicht abhalten: „Ich wollte mich eigentlich vom Flamenco trennen, aber ich habe es einfach nicht geschafft.“

Andrea Grüner erging es genauso. Als die Flamenco-Lehrerin in den 80ern im Kinosaal saß, konnte sie kaum stillsitzen und nahm bald darauf die erste Stunde, „in einem finsteren Hinterzimmer einer zwielichtigen Kneipe am Kohlenhof“, wie sie lachend erzählt. Mit dem Aire Flamenco hat sich die Tänzerin nun ihre ganze eigene Flamenco-Welt aufgebaut, die sie bis dahin in Nürnberg so vergeblich gesucht hatte. Neben den Tanzkursen bieten sie und ihr Team auch Gesangsunterricht oder das Erlernen der passenden Percussion-Instrumente: Kastagnetten und Cajon. Wer möchte, kann in der Hintermayrstraße also ganz in die spanische Kultur eintauchen.

www.aire-flamenco.de

 

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