Gärtner: Ein Übermensch läuft seinem Traum entgegen

03.07.2013, 23:15 Uhr
Gärtner: Ein Übermensch läuft seinem Traum entgegen

Das Wort gehört zunächst einmal: Alexander Esswein. „Das ist kein Mensch“, sagt Esswein. Warum? Mitunter hat das Lauftrainingslager des 1. FC Nürnberg ja tatsächlich ausgesehen, wie ein Lauftrainingslager der — vielleicht etwas überholten – Theorie nach auszusehen hat. Das waren die Momente, in denen Alexander Esswein der Spaß am Profi-Dasein etwas abhanden kam. Runde um Runde liefen sie auf der schönen Anlage des SV Raika Längenfeld, der in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert. Manchmal hat dann auch Alexander Esswein beinahe ausgesehen wie ein 50-Jähriger.

Ein Pulsfrequenzlauf: Jeder läuft die Runden so schnell er kann, Alexander Esswein startet in einer Gruppe mit Sebastian Gärtner. Dort, wo Sebastian Gärtner mitläuft, hat sich das aber bald erledigt mit der Gruppe. Alexander Esswein hat das relativ schnell erkannt. „Das ist kein Mensch“, sagt Esswein also irgendwann, eigentlich hat er das eher hinausgekeucht. Sebastian Gärtner war da schon auf der anderen Seite des Platzes.

© Zink

Sie suchen beim 1. FC Nürnberg derzeit ja dringend einen Ersatz für Timmy Simons. In einer Hinsicht haben sie ihn schon gefunden. In den letzten Jahren war es immer Simons, der die Lauftrainingslager mit dem 1. FC Nürnberg zu genießen schien. Keine Übung, in der Simons nicht vorne wegrannte. Jetzt ist Simons weg – und Gärtner läuft vorne.

20 Jahre alt ist der Mittelfeldspieler, über den sich nicht nur Esswein gewundert hat in Längenfeld. Nur Gärtner wundert sich nicht. „Ich hatte schon immer gute Ausdauerwerte“, sagt er, als er in der Lobby des schönen Mannschaftshotels ausnahmsweise einmal sitzt und nicht rennt, „außerdem habe ich in der Sommerpause mein Programm gemacht.“

Es war ein Programm, das ihn vorbereiten sollte auf ein Jahr als Profi. Gärtner will das jetzt noch einmal probieren. Es ist nicht so lang her, da war Gärtner schon einmal nahe dran an der ersten Mannschaft des Clubs.

Dieter Hecking hatte ihn ins Training eingeladen, dann aber hat sich der damals noch A-Jugendliche das Wadenbein gebrochen. Zur Aufmunterung gab es im April 2011 einen neuen Dreijahres-Vertrag. „Wir trauen Sebastian zu, dass ihm nach Ausheilen seiner Verletzung schnell der Anschluss an den Lizenzkader gelingt“, sagte damals Sportvorstand Martin Bader.

Wiesinger lobt, lobt und lobt

Jetzt hat Gärtner den Anschluss geschafft – und ist damit fast zeitgleich mit seinem ehemaligen U23-Trainer in der Bundesliga angekommen. „Michael Wiesinger war eineinhalb Jahre lang mein Trainer“, sagt Gärtner, „ich weiß, was er sich vorstellt. Es geht um die Balleroberung im Mittelfeld und dann einen schnellen ersten Ball nach vorne.“  Balleroberung und Ball nach vorne – so ähnlich hat man das tatsächlich hin und wieder von Gärtner gesehen im Trainingslager. Ein Lob gab es danach deshalb auch vom alten und neuen Vorgesetzten. „Es macht schon Eindruck, was er hier abgeliefert hat, auch fußballerisch“, sagt Wiesinger, „Basti war in den U-Mannschaften schon herausragend, jetzt hat er sich noch einmal verbessert.“

Allzu überschwänglich aber wollen sie beim 1. FC Nürnberg nicht werden mit Blick auf das Talent. Zum einen ist Gärtner, der bei der U23 mit der Vorbereitung anfing, schon eine Woche länger im Training als seine Kollegen, zum anderen gab es in der letzten Zeit ausreichend Beispiele für junge Spieler, die zu Beginn Eindruck machten, dann aber doch nie in der Bundesliga gespielt haben. Wobei Gärtners Geschichte natürlich sehr schön passen würde zum 1. FC Nürnberg, so er es denn am Valznerweiher zum Erstliga-Spieler bringt.

Geboren in Nürnberg, fußballerisch ausgebildet zunächst beim Post-SV und dann seit 2005 beim Club, als Fan sozialisiert im Frankenstadion („Mein Vater und ich hatten immer eine Dauerkarte“) — Gärtner wäre einer, der endlich beweisen könnte, dass die Jugendarbeit beim 1. FC Nürnberg tatsächlich so gut funktioniert, wie es immer behauptet wird. „Der Club ist für mich der Verein“, sagt Gärtner, der sich ansonsten zurückhaltend gibt, wenn die Sprache auf eine Erstliga-Karriere kommt: „Ich versuche mich hier zu empfehlen und mich weiterzuentwickeln. Mit meinen Gedanken bin ich momentan nur hier.“

Nebenbei noch Student

Das mit den Gedanken musste er wahrscheinlich noch sagen, weil Gärtner nicht nur ein begnadeter Fußballspieler ist, sondern auch sonst etwas anfängt mit seinem Leben. In Treuchtlingen studiert er Sportmanagement – und junge Spieler, die auch noch studieren, sagen besser hin und wieder, dass sie sich voll auf ihren Sport konzentrieren, um keinen Argwohn zu provozieren in einer Öffentlichkeit, die das noch nicht so gut kennt: studierende Profifußballspieler.  Ein zeitliches Problem, sagt Gärtner, ist die Sache mit dem Studium nicht. „Ich habe nur alle sieben Wochen eine Präsenzphase, außerdem habe ich das Studium auf 14 Semester gestreckt“, sagt Gärtner, „ich komme klar.“


 

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