Gericht kippt Betretungsverbot für Clubfans

22.11.2012, 19:58 Uhr
Auf dem Weg ins Stadion riefen die Fans im Jahr 2004 und 2009 Sprechchöre gegen Fürth und trugen ein großes "Antifü"-Banner vor sich her.

© Hans-Joachim Winckler Auf dem Weg ins Stadion riefen die Fans im Jahr 2004 und 2009 Sprechchöre gegen Fürth und trugen ein großes "Antifü"-Banner vor sich her.

Die komplette Fürther Innenstadt hätte am Derbytag für Clubfans gesperrt sein sollen.

Die komplette Fürther Innenstadt hätte am Derbytag für Clubfans gesperrt sein sollen.

Mit dem Eilantrag hatte sich eine Klägerin aus Nürnberg gegen das Betretungsverbot gewandt, da es dafür keine rechtliche Grundlage gebe.

Unverhältnismäßige Anordnung 

Dieser Einschätzung folgte das Verwaltungsgericht Ansbach nun. Die Anordnung der Stadt Fürth sei unverhältnismäßig, denn die Allgemeinverfügung richte sich gegen einen unbestimmten Personenkreis und damit nicht explizit an gewaltbereite Fußballfans, hieß es in der Begründung. Zuvor hatten die Behörden verlauten lassen, dass sie nur auf Basis einer entsprechenden Allgemeinverfügung sogenannten „Fanexzessen“ zuvorkommen könnten. Ein solcher "sicherheitsrechtlicher Rundumschlag“ stehe jedoch in keinem Verhältnis zu der Tatsache, dass sich potentielle Gewalttäter von normalen Fans nur schwer unterscheiden lassen, so das Gericht.

Nach Ansicht der Kammer wiegt letztendlich das Interesse der Klägerin und aller friedlichen Fans mehr als die extrem verschärften Sicherheitsvorkehrungen der Stadt Fürth aus Angst vor Ausschreitungen. Die Verfügung würde die Handlungsfreiheit aller Personen einschränken, die friedlich sind. Denn  "nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der jeweiligen Fußballfans" sei gewaltbereit, stellte das Gericht fest.

Verbot zu unbestimmt formuliert

Bedenken hatte die Kammer auch, dass das Verbot nicht bestimmt genug verfasst sei. In der amtlichen Mitteilung der Stadt Fürth hatte es unter anderem geheißen, dass den Clubfans das Betreten der Innenstadt dann untersagt sei, wenn sie in Gruppen von mehreren Personen unterwegs seien. Es sei unklar, was mit dieser Regelung bezweckt werde, stellte das Verwaltungsgericht fest.

Vor allem gehe aus der Mitteilung nicht deutlich genug hervor, ab wann befürchtet werden müsse, dass sich die Fans zu Gruppen zusammenschließen und  "Aggressionen oder gewalttätige Auseinandersetzungen begehen" könnten, wie es im Amtsblatt der Stadt Fürth formuliert worden war. Da es hierfür keine klare Definition gebe, befürchtet das Gericht, dass jeder Polizeibeamte völlig unterschiedlich auslegen könnte, ab wann ein Fan "aufwieglerisches Verhalten" an den Tag lege.

Verfügung hätte willkürliche Entscheidungen ermöglicht

Vertreten hatte die Nürnberger Klägerin Rechtsanwalt Jahn-Rüdiger Albert, der den Eilantrag am Mittwochabend beim Verwaltungsgericht eingereicht hatte. "Ich bin positiv überrascht, weil man nie weiß, was ein Gericht entscheidet", sagte Albert am Donnerstag gegenüber unserer Online-Redaktion. Besonders zufrieden zeigte er sich, dass das Gericht in weiten Teilen seiner Argumentation gefolgt sei, dass durch die Verfügung der Stadt "willkürliche Entscheidungen möglich sind, weil nicht klar ist, wie die Verfügung verstanden werden soll." Das hätte die Regelungsgewalt letztlich dem einzelnen Vollzugsbeamten überlassen, so Albert.

Club-Aufsichtsrat und Fananwalt Ralf Peisl, der an dem Verfahren nicht beteilgt war, zeigte sich gegenüber unserer Online-Redaktion wenig überrascht über die Entscheidung des Verwaltungsgericht: "Das war zu erwarten." Eine Umsetzung der Verfügung der Stadt hätte nur "zu Tohuwabohu" geführt, weil sie "völlig undurchdacht" gewesen sei und für die Polizei nicht konkret umzusetzen wäre.

Mit Hilfe der Sperrzone sollten Clubfans daran gehindert werden, in Gruppen durch die Innenstadt zum Stadion Ronhof zu laufen. Das Verbot löste einen Sturm der Entrüstung bei Clubfans aus. 

Auf Nachfrage unserer Online-Redaktion, inwiefern der Gerichtsentscheid das Sicherheitskonzept der Polizei durcheinander wirbeln könnte, entgegnete Polizeisprecherin Elke Schönwald: „Wir werden uns neu auf die Situation einstellen.“ In einer ersten kurzen Stellungnahme teilte die Stadt Fürth mit, dass sie prüft, ob sie gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Beschwerde einlegt. Zudem will sich die Stadt mit der Polizei abstimmen. Das Ergebnis soll am Freitag bekanntgegeben werden.

Auch Choreographie genehmigt

Auch die zunächst von der SpVgg Greuther Fürth untersagte Choreographie der Nürnberger Ultras ist inzwischen offenbar doch genehmigt worden. Wie der 1. FC Nürnberg auf seiner Homepage mitteilte, wurde im Nachgang zur offiziellen Pressekonferenz "im Dialog mit allen Beteiligten" eine Lösung gefunden, damit die Choreographie der Ultras Nürnberg 1994 nun doch stattfinden kann.

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