Gyula Tóth: Ein "Retter des Clubs" ist tot

5.3.2014, 13:03 Uhr
Gyula Tóth: Ein

© Fritz Wolkenstörfer

"Nürnberg ist meine Mannschaft. Jede Niederlage tut mir weh." Eine Liebeserklärung wirkt über den Tod hinaus. Als das Main-Echo Gyula "Jule" Tóth im April 2011 anlässlich seines 70. Geburtstags in Aschaffenburg besucht, bekennt der ehemalige Club-Keeper nicht zum ersten Mal seine Zuneigung zum FCN."Mich interessiert nur der Club", ließ der Mann, den man am Zabo einst aufgrund seiner Reaktionsschnelligkeit "Schwarzen Panther auf der Linie" taufte, bei manch anderer Gelegenheit verlauten. Auch, nachdem ihn die Parkinson-Krankheit ab den 80er Jahren an seinen Wohnsitz in Aschaffenburg fesselte, verfolgte Toth stets die Auftritte des Vereins, mit dem der ungarische Schlussmann 1968 Nürnbergs neunte, vorerst letzte Meisterschaft feierte.

Held im Wildpark: Lob und 100 Mark

 

Im Meisterschaftsjahr war Wabra zwischen den Pfosten die unumstrittene Nummer eins. Lediglich einmal konnte der Reflex-Gigant in dieser Wohlfühl-Saison sein Können im Club-Kasten beweisen. In der Spielzeit zuvor hatte "Jule", der zwischen 1965 und 1968 zwölfmal das Nürnberger Tor hütete, seine Wichtigkeit für den FCN indes eindrucksvoll gezeigt. Als Frankens rot-schwarzer Lieblingsclub in dieser Saison Richtung Abstieg trudelte, Wabra aufgrund einer zweimonatigen Rotsperre fehlte, konnte sich der Club auf Tóth verlassen.

 

Max Merkel beorderte den Mann, der sich zuvor für die SpVgg Fürth und den FC Schalke 04 fußballerisch betätigt hatte, ins Nürnberger Gehäuse. Und Tóth präsentierte sich prompt auf dem Posten. Bei seinem Einstand verhalf er mit einer fehlerfreien Leistung dem Club zu Gast bei gleichsam abstiegsgefährdeten Karlsruhern zu einem 1:0-Auswärtserfolg. Wabra lobte nach der Partie: "Jule, besser als Du hätte es heute kein Torwart der Welt machen können." Merkel, der sich die Personalentscheidung im Vorfeld nicht leicht gemacht hatte, spendierte seinem verlässlichen Keeper in der Kabine 100 Mark aus eigener Tasche.

 

Im Anschluss konservierte Tóth die bravouröse Form, mit der er im Wildpark auf sich aufmerksam gemacht hatte. Er überzeugte mit starken Paraden und einer Strafraumbeherrschung, die ihm Kritiker nicht zugetraut hatten. Der FCN entledigte sich seiner Abstiegssorgen. Die lokale Presse druckte seinen Namen mit dem Zusatz "Retter des Clubs" in die Zeitungen.

 

Im Jahr darauf feierte Tóth mit seinen Spielkameraden die Meisterschaft. In der nachfolgenden Saison - als der Club als amtierender Champion in die Zweitklassigkeit abstürzte - war er bereits Torwart des SSV Jahn Regensburg. In späteren Jahren trainierte Tóth, der bereits 1973 seine Fußballlehrer-Ausbildung in Köln machte, zahlreiche Vereine in seiner unterfränkischen Wahlheimat. Doch nur eine Mannschaft sollte für ihn zeit seines Lebens herausragende Bedeutung haben.

"Wir bedauern diesen überraschenden Verlust", erklärte Club-Vorstand Ralf Woy auf der vereinseigenen Homepage und ergänzte: "Die gesamte Club-Familie spricht den Hinterbliebenen ihr tiefstes Mitgefühl aus.“ Der Abschied von Gyula "Jule" Tóth tut Nürnberg weh, die Erinnerung an ihn wirkt über den Tod hinaus.

 

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