NBC-Coach Junge: "Es war eine Achterbahn"

2.7.2016, 19:04 Uhr
Daumen hoch: Für Ralph Junge und seinen NBC schaut es gut aus. Die Liga und die Profimannschaft kann vermutlich gehalten werden.

© Sportfoto Zink Daumen hoch: Für Ralph Junge und seinen NBC schaut es gut aus. Die Liga und die Profimannschaft kann vermutlich gehalten werden.

NZ: Was überwiegt nach vierwöchigem Kampf, Herr Junge? Die Müdigkeit oder die Zufriedenheit?

Ralph Junge: Man ist froh, dass man die erste Hürde geschafft hat. Es ist ja nicht so, dass wir fertig sind. Jetzt haben wir die Legitimität, dass wir weitermachen dürfen. Jetzt folgen viele weitere Gespräche. Mit Unternehmen, die nicht so schnell entscheiden konnten, nicht erreichbar waren oder keinen Termin frei hatten. Und mit denen, mit denen wir erst seit dieser Woche Kontakt haben. Es gibt viele Sachen, die jetzt erst anlaufen. Wir haben ein Mini-Budget. Jetzt geht es darum, die nächsten Euro, die reinkommen, in Personal und Geschäftsstelle zu stecken. Wir müssen die Infrastruktur wieder weiter aufbauen. Aber die Freude überwiegt.

NZ: Können Sie den Ablauf der vergangenen vier Wochen beschreiben?

Junge: In der ersten Woche ziehst du alle Register, die du ziehen kannst, haust alle Kontakte an und versuchst vor allem, an Entscheider heranzukommen. Um Gelder aufzutreiben, um eine Dynamik zu schaffen. In der zweiten Woche habe ich auf Feedback gewartet und mich gefragt, wen es noch gibt. Da wird man fast ausgebremst. Du kannst ja nicht einfach irgendwo über die Straße gehen und klingeln. Parallel denkt man an die Optionen, die man selber hat. Plötzlich fielen eingeplante Gelder weg. Dann haben sich doch wieder Lösungen ergeben. Es war also schon eine ziemlich Achterbahnfahrt.

NZ: Wann haben Sie sich entschlossen, das in Nürnberg durchzuziehen?

Junge: Eigentlich am vergangenen Sonntag, um dann am Montag zu erfahren, dass uns doch ein sechsstelliger Betrag fehlt.

NZ: Wie viele Anfragen hatten Sie?

Junge: Seriöse? Sagen wir mal zweieinhalb. Aber der Zeitpunkt ist ja auch völlig behämmert. Im Juni oder Juli sucht keiner einen Headcoach, da suchen alle schon Spieler.

NZ: Welche Gesellschaftsform hat das neue Projekt, und wie heißt es?

Junge: Basketball Nürnberg GmbH, wir haben das neutral gehalten. Wir brauchten eine Gesellschaftsform, um anfangen zu können, und die Gesellschaft soll ausgebaut werden. Jetzt ist das Ganze gestartet, so dass wir den Spielbetrieb sichern können. Mit Potenzial, hoffentlich.

NZ: Sie sind also derzeit alleiniger Geschäftsführer?

Junge: Es gibt stille Gesellschafter.

NZ: In welcher Größenordnung bewegt sich der Mini-Etat?

Junge: Deutlich unter den geplanten 600.000 Euro.

NZ: Über das Crowdfunding wurden nur 100 Dauerkarten abgesetzt. War das auch eine Hypothek?

Junge: Nein, über das Crowdfunding findet man ja auch nicht den Großsponsor. Das ist ein tolles Element und läuft bis zum 10. Juli weiter, bis die Lizenzprüfung abgeschlossen ist. Wir hoffen, dass wir die 40.000 Euro knacken. Das ist zum Beispiel ein hauptamtlicher Jugendtrainer, den wir brauchen. Da haben viele Leute ein Zeichen gesetzt. Wenn über 100 Dauerkarten weg sind, ist das auch schön. Das sind die Leute, die in der Halle stehen und uns anfeuern.

NZ: Wie breit ist das neue Projekt aufgestellt?

Junge: Aktuell sind es so circa 20 Sponsoren, die in unterschiedlichen Beträgen Geld geben.

NZ: Ist das eine solidere Variante, weil ein einzelner Aussteiger leichter zu kompensieren wäre?

Junge: Genau. Zum anderen findet man bei einer breiteren Sponsorenbasis eher jemanden, der mal sagt, komm wir stocken ein bisschen auf. Deswegen darf das jetzt auch noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Schön wäre, wenn es irgendwann 50 oder 100 sind, die sich engagieren. Das sind ja dann auch mehr Leute, die sich identifizieren.

Zum Jubeln gibt es bisher allen Grund, doch auch der Gutachterausschuss muss dem Finanzplan noch zustimmen.

Zum Jubeln gibt es bisher allen Grund, doch auch der Gutachterausschuss muss dem Finanzplan noch zustimmen. © Sportfoto Zink / WoZi

NZ: Wen konnten Sie gewinnen?

Junge: Es gibt, wie gesagt, stille Gesellschafter. Die Verträge müssen jetzt alle erst geschrieben werden. Wir haben mündliche Zusagen, unterschriebene Verträge dauern ein bisschen. Deswegen kann ich noch nicht sagen, wer dabei ist. Wer uns auf jeden Fall unterstützt, ist Alexander Lolis, mit Equipment aus den Vorjahren, der uns aber auch finanziell nochmal unter die Arme greift, so dass wir diesen Neustart schaffen.

NZ: Das heißt, das Verhältnis zwischen Lolis und dem Nürnberger Basketball ist nach wie vor gut?

Junge: Es ist ja nicht so, dass er den Laden böswillig geschlossen hat. Er wollte eine Insolvenz verhindern, weil er aufgrund der neuen Strukturen gesehen hat, dass er nicht die Liquidität hat, um den Spielbetrieb auf dem bestehenden Niveau fortzuführen. Er musste das als Geschäftsführer, sonst wäre es eine Insolvenzverschleppung gewesen. Ich glaube, er freut sich, dass er etwas beitragen kann. Das sind völlig andere Dimensionen, ist aber für uns wichtig.

NZ: Wer hat den Kontakt gesucht?

Junge: Wir haben am Abend der Kündigung telefoniert. Das Signal hat er gleich gegeben. Er wusste noch nicht, in welcher Form und wie er es machen kann, weil alles mit Fragezeichen versehen war. Der Kontakt bestand aber schon über die ganzen vier Wochen.

NZ: Hat er Kontakte hergestellt?

Junge: Nein.

NZ: Unter welchen Namen soll das Team spielen?

Junge: Das wollen wir nächste Woche verkünden.

NZ: Sie haben einen, müssen aber noch die rechtliche Seite klären?

Junge: Ja. Es ist nichts mit einem Sponsorennamen, sondern ein normaler Vereinsname.

NZ: Wo wird das Team spielen?

Junge: In der Halle des BBZ.

NZ: Das Hallenthema ist zurückgestellt?

Junge: Mit dem Budget, das wir jetzt haben, müssen wir uns erst mal konsolidieren. Dann kannst du wieder nach vorne gucken. Und dann wird die Halle definitiv wieder Thema.

NZ: Wie hat sich die Stadt verhalten?

Junge: Ich hatte sehr viel Kontakt mit Sportbürgermeister Klemens Gsell, der versucht hat, uns zu helfen. Es gibt infrastrukturelle Themen bei denen uns die Stadt entgegenkommt. Es waren gute Gespräche.

NZ: Kann dieses Projekt mittelfristig überleben? Oder muss der Nürnberger Basketball jetzt jährlich zittern?

Junge: Jetzt müssen wir erst mal zittern, jetzt haben wir wirklich ein Mini-Budget, darauf müssen wir aufbauen. Aber das Ziel muss sein, dass wir zur nächsten Saison schon ganz anders dastehen. Wir müssen es schaffen, in diesem Jahr die Weichen zu stellen, dass es in die richtige Richtung geht. Sonst erwischt es dich irgendwann. Im Endeffekt kann man sagen, wir haben ein Jahr Zeit, uns wieder auf solide Beine zu stellen, die dann auch eine Perspektive geben.

Zupacken und die Chance nicht mehr loslassen müssen Ralph Junge und sein junges Team. In der ProA soll eine runderneuerte Mannschaft auflaufen.

Zupacken und die Chance nicht mehr loslassen müssen Ralph Junge und sein junges Team. In der ProA soll eine runderneuerte Mannschaft auflaufen. © Sportfoto Zink / WoZi

NZ: Die Initiative hieß „Nürnberg braucht Profi-Basketball“. Hat sich das bestätigt?

Junge: Die Initiative ist ja schon etwas großes Positives. Die Medien sind auch ein Signal. Die hätten sagen können, dann berichten wir über etwas anderes. Also gibt es ein Interesse in der Stadt. Es gibt unheimlich viele junge Leute in Nürnberg, die Basketball spielen. Es werden immer mehr, und die brauchen ein Profi-Team. Man will ja irgendwo hingehen, Vorbilder haben, in der eigenen Stadt, nicht nur im TV. Als Profiverein kannst du auch dem Breitensport viel mehr helfen. Man sieht, was wir in zwei Jahren in der U16- und U19-Bundesliga aufgebaut haben. Hätten wir das nicht, könnten wir nächste Saison nicht spielen.

NZ: Die Kooperationen mit Vereinen aus der Region bleiben bestehen?

Junge: Das wird bestehen bleiben. Ich telefoniere ständig mit denen. Das sind ganz enge Unterstützer. Lauf, der ATV, Herzogenaurach, auch Schwabach. Ich glaube, da wird es im Sommer auch das eine oder andere Überraschende geben.

NZ: Es muss doch sehr schwierig sein, Spieler nach Nürnberg zu holen.

Junge: Es gibt jetzt schon Spieler, die zugesagt haben. Natürlich, Geld ist ein Thema, aber ich glaube, wir kriegen ein schönes Team zusammen.

NZ: Hat der Einsatz für den Standort dem einen oder anderen imponiert?

Junge: Das kann sein. Es sind einige dabei, die früher für mich gespielt haben. Aber auch da ist noch nichts unterschrieben. Ich glaube, dass wir positive Überraschungen im Kader haben werden und in der Pro A tolle deutsche Talente spielen sehen.

NZ: Ziel ist der Klassenerhalt?

Junge: Wir müssen uns erst neu sortieren. Da wird sicher auch mal neben einem bekannten Gesicht ein Matthew Meredith auf dem Feld stehen. Und dem werden wir definitiv zugestehen, dass er Fehler macht.

NZ: Gibt es schon einen Zeitplan?

Junge: Am 15. August ist Trainingsbeginn. Wir haben noch keine Testspiele vereinbart. Das rattert jetzt alles auf uns zu.

NZ: An der Trainingssituation wird sich nichts ändern?

Junge: Nein, die Pläne für die Trainingshalle, die fertig waren, wandern erst mal in die Schublade.

NZ: Das erinnert alles ein wenig an Ihren früheren Verein Ehingen.

Junge: Das ist vergleichbar, aber mit anderer Perspektive. Wenn wir gute Arbeit leisten, können wir uns schnell in andere Sphären nach oben kämpfen, was den Etat angeht. Dann müssen wir Trainingszentrum und Halle schnell wieder thematisieren.

NZ: Sind Sie auch wegen der Parallelen geblieben?

Junge: Einerseits denkt man, genau das hat man lang genug gemacht, das muss man nicht schon wieder machen. Andererseits ist das jetzt okay so. Das ist halt jetzt passiert. Ich bin ja nach Nürnberg gekommen, um länger zu bleiben. Ich mag es lieber, wenn man Kontinuität drin hat. Es geht jetzt vielleicht in einem Jahr drei Schritte rückwärts, dafür sitzen wir vielleicht in drei Jahren hier und sind zehn Schritte vorwärts gelaufen. Lassen Sie uns in drei Jahren nochmal darüber reden, ob es gut war.

NZ: Warum bleiben Sie?

Junge: Es geht ja auch immer um Menschen. Wenn man sieht, mit welchem Engagement die Jugendlichen dabei sind und wie sie sich entwickelt haben. Allein die sind es wert. Da hat man auch eine Verbundenheit. Genauso ist das mit den Leuten in der Geschäftsstelle. Da ist schon etwas zusammengewachsen. Da sind positive Beziehungen entstanden, das ist auch sehr, sehr viel wert, im Vergleich dazu, dass man vielleicht irgendwo anders fünf Euro mehr kriegt.

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