"Rolle rückwärts": Staunen im Ronhof

23.11.2012, 07:00 Uhr
Der Ronhof unterm Regenbogen, nach einem Zweitliga-Spiel gegen den FC St. Pauli im August 2008. Das Stadion - inzwischen für die 1. Liga modernisiert - bleibt dem Kleeblatt bis 2040 erhalten.

© Wolfgan Zink Der Ronhof unterm Regenbogen, nach einem Zweitliga-Spiel gegen den FC St. Pauli im August 2008. Das Stadion - inzwischen für die 1. Liga modernisiert - bleibt dem Kleeblatt bis 2040 erhalten.

Auf einer eilig anberaumten Pressekonferenz informierte die SpVgg am Donnerstagmorgen über ihre „Rolle rückwärts“: Das Kleeblatt bleibt bis 2040 im Ronhof. Vereinschef Helmut Hack strahlte über beide Ohren, OB Thomas Jung sprach gar von einer historischen Stunde. Nicht wenige im Medienraum des Kleeblatts rieben sich dagegen verwundert die Augen — denn leicht nachzuvollziehen ist die plötzliche Kehrtwende nicht.

Eigentlich wollte ja Investor Thomas Sommer der SpVgg für 35 Millionen Euro ein nagelneues, 20.000 Zuschauer fassendes Stadion nahe des Europakanals bauen. Die Haupttribüne sollte auch für Tagungen und Konzerte genutzt werden, ein Vereinsmuseum war dort ebenfalls geplant.



Der ehrwürdige Ronhof, seit nunmehr 102 Jahren Spielstätte der Fürther, galt hingegen als nicht mehr bundesligatauglich. Zu klein, kaum Logen, mitten im Wohngebiet — es gab etliche Gründe, die gegen die Spielstätte am Laubenweg sprachen. Zwar erhielt das Stadion nach dem Aufstieg im Mai für die Erste Liga eine neue Südtribüne, das Fassungsvermögen kletterte auf 18.000, doch der Umzug in ein neues Stadion war beschlossene Sache.

„Alle wollen bleiben“

Denn nicht zuletzt lief auch der Pachtvertrag im Ronhof nur bis 2029, in Fürth ging man davon aus, dass Stadion-Eigentümer Conny Brandstätter die Immobilie als millionenschweres Sahnestück in guter Wohnlage später veräußern würde. Eine gemeinsame Zukunft galt ohnehin als utopisch, war doch der Sohn des Playmobil-Gründers Horst Brandstätter gegen die SpVgg sogar vor Gericht gezogen. Streitpunkt: die Namensrechte am Fürther Stadion. „Es schien aus mehreren Gründen nicht mehr möglich, im Ronhof weiterzumachen“, so Helmut Hack. „Doch wir haben dazugelernt, wir wissen jetzt, was möglich ist, auch durch die neue Südtribüne.“ Tatsächlich erwiesen sich Befürchtungen, der Ronhof sei alles andere als bundesligatauglich, als nicht zutreffend. In dieser Saison gab es trotz stets ausverkauften Hauses kein Verkehrschaos und nur wenige Beschwerden.



Die noch größere Überraschung: Der Gerichtsstreit mit Brandstätter wurde nicht nur unlängst ad acta gelegt, der Stadion-Eigentümer übte vielmehr den Schulterschluss mit Hack und signalisierte seine Bereitschaft, gemeinsam das Stadion zu erhalten. „Ich bin ja auch Fan. Und ich habe seit Saisonbeginn das Gefühl, alle wollen im Ronhof bleiben“, bemühte Brandstätter zuletzt doch recht gut verborgene Emotionen. Mit einer „sehr, sehr fairen Pacht“ sei Brandstätter der SpVgg entgegengekommen, betonte Hack, er habe „wirklich nicht gepokert“, versicherte der Vereinschef den ob dieser Kehrtwende doch erstaunten Berichterstattern.

Die hatten noch einiges mehr zu notieren: Das für den Stadionneubau vorgesehene Gebiet im Süden der Stadt wird trotzdem, wie vereinbart, gekauft — Eigentümer des Grundstücks ist pikanterweise Herbert Mederer, Chef von Süßwaren Trolli, dem Namenssponsor des Ronhofs. Noch ist offen, ob Thomas Sommer oder die Stadt das 62.000 Quadratmeter große Gelände erwerben wird. In jedem Fall bleibt Sommer bei der SpVgg im Boot. Er kündigte an, in die anstehende Modernisierung des Ronhofs zu investieren. Noch ist fraglich, in welcher Reihenfolge saniert wird. Baurechtlich genehmigt ist die Spielstätte für bis zu 35.000 Menschen, geplant ist zunächst ein Fassungsvermögen von 20.000 Zuschauern. Klar ist: Schon allein um weitere Logen zu schaffen, muss die Haupttribüne abgerissen werden. Sommer geht davon aus, dass er etwa 20 Millionen Euro aufwenden muss.



Auf große Zustimmung stießen diese Pläne auch beim Fürther Stadtrat. Der hatte am Mittwochabend den letzten Ausschlag gegeben, den Stadionneubau endgültig zu begraben. Im nichtöffentlichen Teil der Sitzung stimmte das Gremium über den flugs auf die Tagesordnung gehobenen Beschlussvorschlag ab, mit 49 von 50 Stimmen fiel die Entscheidung überdeutlich für den Verbleib im Ronhof aus.

„Das ist die wichtigste Unterschrift in meiner zehnjährigen Amtszeit“, frohlockte Oberbürgermeister Thomas Jung, nachdem der Pachtvertrag am Donnerstag gegen 10.20 Uhr besiegelt war. Zum ganz großen Glück fehlt ihm jetzt nur noch eins: ein Heimsieg am Samstag, beim Spiel des Jahres. Im Ronhof.

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