Schwacher Club und bissige Löwen trennen sich 2:2

17.8.2015, 22:06 Uhr
Drin! Niklas Stark drückt die Kugel über die Linie.

© Sportfoto Zink Drin! Niklas Stark drückt die Kugel über die Linie.

Dass Fußball kein reines Vergnügen ist, weiß jeder, der mit einem Verein leidet – in München kann man die Fans des TSV 1860 fragen, dort sind sie geübt im Leiden. "Als Löwe bist´ein armes Schwein", stand letzte Woche auf einem riesigen Transparent in der Münchner Arena, trotzdem waren rund 3000 Blaue beim ungeliebten Montagabendspiel der zweiten Liga wieder dabei in Nürnberg – und nahmen ein kleines Erfolgserlebnis mit.

Das 2:2 (1:0) beim 1. FC Nürnberg war der erste Punktgewinn des bisherigen Tabellenletzten, für den Club, der 0:1 zurücklag und nach Seitenwechsel zwei schnelle Tore erzwang, war es am Ende ein sogar eher glückliches Remis.

Man darf auch am Club weiter leiden; dass das Nürnberger Leiden die vom südlichen Nachbarn bekannten Dimensionen erreicht, ist derzeit eine populäre Befürchtung besorgter Club-Anhänger, 1860 kennt schon lange, was Nürnberg gerade erlebt: sportliche Krisen, finanzielle Nöte, die latente Furcht vorm Fall ins Nichts – und trotzdem immer ein paar Hoffnungsschimmer, die 90 Minuten hatten von allem ein bisschen. Prognosen wagt man nach zwar spannenden, aber fußballerisch wenig erbaulichen 90 Minuten besser noch nicht.

Es ist erst ein Jahr her, dass beide Traditionsvereine mit Aufstiegsambitionen in eine Spielzeit gestartet waren, an deren Ende die Löwen mit einem Bein in der dritten Liga standen und Nürnberg hart auf dem Boden der tristen Realität gelandet war. Warum man Ziele diesmal defensiver formulierte, sah man im Stadion – zwei Mannschaften auf Orientierungssuche, die wenig mithalfen, das Montagabendspiel ein bisschen populärer zu machen. Nürnberg versuchte es in leicht veränderter Formation, der ins Team zurückgekehrte Ondrej Petrak besetzte die Zentrale vor der Abwehr, die Offensivkräfte Danny Blum und Guido Burgstaller durften sich gemeinsam versuchen, vorne wechselseitig unterstützt von Alessandro Schöpf und Hanno Behrens über die Außenbahnen.

Okotie küsst die Latte

Theoretisch versprach das mehr Zug zum Tor, praktisch heraus kam: wenig; wer genau was spielen sollte, erschloss sich nur bedingt, ein Torschüsschen und ein richtiger Torschuss jeweils von Blum blieben die einzigen Offensivaktionen vor der Pause. Die Münchner fielen ein bisschen mehr auf. Rubin Okotie, der einst zwei arg freudlose Bundesliga-Jahre in Nürnberg verbrachte, sorgte für die erste Schrecksekunde, der mittlerweile zum Nationalspieler avancierte Österreicher traf die Latte (23.).

Mehr Glück hatte Okotie selbst auch zwanzig Minuten später nicht, nach einer Flanke des Ex-Fürthers Daniel Adlung köpfelte er gegen den Pfosten – aber diesmal kam Nürnberg nicht mit dem Schrecken davon, denn den Abpraller nutzte Kai Bülow ebenfalls per Kopfball zum 0:1 (45.) – für 1860 war es im dritten Spiel endlich das erste Saisontor, die auch in der Defensive oft unsortierten Nürnberger gingen von Pfiffen begleitet in die Pause.

Trainer René Weiler korrigierte die Formation und brachte mit Niclas Füllkrug (für den farblosen Schöpf) und Rurik Gislason (für Behrens) zwei Flügelspieler – mit Erfolg, auch wenn der Ausgleich durch die Mitte fiel. Jan Polak erkämpfte sich die Kugel, Blum bediente den unermüdlichen Burgstaller, der sich nicht mehr bremsen ließ und entschlossen per Rechtsschuss zum 1:1 traf (54.) – unmittelbar, nachdem gegenüber das vermeintliche zweite Tor der Löwen durch Marius Wolfs Distanzschuss vom Strafraumeck wegen einer strittigen Abseitsposition von Okotie nicht anerkannt worden war.

Brecko legt mustergültig auf

Das Spiel gewann immerhin an Unterhaltungswert, Nürnberg fasste gegen bis dahin zielstrebigere Gäste endlich Mut – und erzwang das Führungstor, als sich der rechte Außenverteidiger Miso Brecko an der Grundlinie energisch durchsetzte und flankte; der linke Außenverteidiger Niklas Stark übernahm freistehend den Rest und traf aus kurzer Distanz zum 2:1 (63.). Aus dem Fanblock der Sechziger zogen ein paar Rauchschwaden auf, Nürnberg verlor prompt die Orientierung. Nach Gary Kagelmachers Flanke stocherten Stark und Petrak vergeblich nach dem herrenlosen Ball, bis sich Daniel Adlung am Torschuss versuchen durfte – erfolgreich, aus 16 Metern glückte Adlung das 2:2 (74.).

Dass es 81 Minuten bis zum ersten Eckball für Nürnberg dauerte, belegt ein paar Defizite, dass der Premiere ein Gegenangriff folgte, der Nürnberg erneut in höchste Not brachte, noch ein paar andere. Nach Adlungs Eckstoß gegenüber – dem zehnten für 1860 – traf auch Christopher Schindler per Kopf noch den Pfosten (84.). in der 89. Minute hielt Torwart Thorsten Kirschbaum den Punkt mit einer Glanzparade gegen Okotie fest. Dann war das Leiden vorbei. Am Ende: Zaghafter Applaus für tapferes Bemühen.

>>>Der Live-Ticker zum Nachlesen<<<

1. FC Nürnberg: Kirschbaum - Brecko, Hovland, Bulthuis, Stark - Petrak - Schöpf (46. Füllkrug), Polak, Behrens (46. Gislason), Burgstaller (86. Kutschke) - Blum

TSV 1860 München: Eicher - Kagelmacher, Schindler, Bülow, Wittek - Adlung, Degenek - Claasen, Hain (68. Mvibudulu), Wolf (87. Mulic) - Okotie

Tore: 0:1 Bülow (45.+1), 1:1 Burgstaller (54.), 2:1 Stark (63.), 2:2 Adlung (74.) | Gelbe Karten: Polak, Blum, Bulthuis | Schiedsrichter: Dr. Kampka (Mainz) | Zuschauer: 36.547

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