Wucherpreise und Sexverbot vor Rugby-WM

8.9.2011, 12:12 Uhr

Die erste Unruhe machte sich vor knapp zwei Monaten breit, als England bei einem Länderspiel plötzlich in schwarzen Trikots auflief. Ein Aufschrei der Empörung schallte über die Doppelinsel am anderen Ende der Welt, schließlich dürfe nur eine Mannschaft Schwarz tragen – die „All Blacks“. Sogar Premierminister John Key schaltete sich in die Diskussion ein: „Das ist doch nur eine Bande von Möchtegernen. Es gibt nur ein Team, das Schwarz mit Stolz trägt und das sind die All Blacks.“

 Mittlerweile haben auch andere Mannschaften nachgezogen und ihr alternatives Trikot schwarz oder in sehr dunkles Blau gefärbt. Wales sowie Neuseelands Vorrundengegner Kanada und Japan ließen sich diese Provokation des hoch favorisierten Gastgebers nicht entgehen. Englands Trainer Martin Johnson gibt öffentlich das Unschuldslamm. „Unser schwarzes Trikot? Es ist doch nur ein Trikot“, sagte der Weltmeister von 2003.

In England 50 Euro, in Neuseeland 130

Mit den Trikots der „All Blacks“ ist das ohnehin so eine Sache. Diese kosten nämlich in Neuseeland vergleichsweise ein Vermögen. Umgerechnet 130 Euro muss man zwischen dem nördlichsten WM-Spielort Whangarei und Invercargill ganz im Süden Neuseelands für ein Trikot zahlen. In England bekommt man es für 50 Euro. Die „Kiwis“ wollten sich von Hersteller adidas nicht länger die Preise diktieren lassen, demonstrierten gegen den mächtigen Sportartikelhersteller und verbrannten die Trikots auf der Straße.

 Die Firma versteht die Aufregung hingegen nicht. Es wird darauf verwiesen, dass der Preis des Trikots seit Jahren konstant sei. Zudem rechtfertigten Kursschwankungen, Versandkosten und die Mehrwertsteuer den höheren Preis. Die Sportartikel-Weltmacht hatte 2003 einen Ausrüstervertrag über neun Jahre mit dem neuseeländischen Verband geschlossen und dafür über 100 Millionen Euro überwiesen. Die Hilfsorganisation Oxfam verurteilte die Preispolitik des Herstellers aufs Schärfste. Es könne nicht sein, dass die Trikots 130 Euro im Verkauf kosten, bei der Herstellung in Asien aber weniger als einen Euro.

"Abstinent für den Titel“ – Ein Millionenflop

Für Aufruhr ganz anderer Art sorgte dagegen eine Telefongesellschaft Neuseelands, die zudem einer der großen Sponsoren des Turniers ist. In einer millionenschweren Werbekampagne forderte das Unternehmen die Fans dazu auf, während der WM auf Sex zu verzichten. „Abstinent für den Titel“ wurde in einem vorab veröffentlichten Clip gefordert – satirisch und selbstironisch sollte das sein.

 Die Rugby-Fans in Neuseeland verstanden jedoch keinen Spaß, sie fühlten sich vor der ganzen Welt lächerlich gemacht. In einer Online-Umfrage der Zeitung „New Zealand Herald“ machten 92 Prozent der Fans klar, was sie vom Sexverzicht im Tausch für den WM-Titel hielten: „Nein, soll das ein Scherz sein?“

 Als die Fans von Erzrivale Australien auch noch begannen, sich über die stolzen „Kiwis“ lustig zu machen, war dies deutlich zu viel des Guten. Unter massivem öffentlichen Druck stampfte die australische Telekom die Kampagne noch vor dem offiziellen Start ein. Konzernchef Alan Gourdie entschuldigte sich sogar persönlich.

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