Vegan kommt an

17.9.2014, 17:28 Uhr
Vegan kommt an

© Foto: Berny Meyer

Für Geschäftsführerin Ursula Dorweiler sind die Auszeichnungen wie ein vorgezogenes Jubiläumsgeschenk. Im kommenden Jahr wird das Fachgeschäft in Herzogenaurachs Innenstadt seinen 15. Geburtstag feiern. Anfangs sei man eher neugierig oder skeptisch beäugt worden, berichtet Dorweiler. Ein Sortiment für „Ökos“ oder „Jesuslatschen-Träger“? Heute findet sich in dem Geschäft vieles von dem, was sich auf dem Ernährungssektor so als Trend bezeichnen lässt.

Wobei Ursula Dorweiler auch über so manche angebliche Modeerscheinung schmunzeln muss. Der Zuckerersatz Stevia etwa. Zwar gab es um den Süßstoff, der aus einer südamerikanischen Pflanze gewonnen wird und der nicht unumstritten ist, erst vor kurzem einen großen Hype. Aber dieses Produkt sei schon fast seit Geschäftsgründung hier erhältlich, sagt Dorweiler, die persönlich jedoch kein Fan davon ist.

Auch die Vegan-Welle ist so eine Sache. Schon lange bevor dieser Begriff die Runde machte, habe es im Reformhaus vegane Brotaufstriche gegeben. Allerdings waren diese noch nicht mit jenem Wort deklariert. „Der Hersteller hat natürlich auf die aktuelle Bewegung reagiert und weist jetzt ausdrücklich darauf hin“, sagt Dorweiler.

Die Tierrechtsorganisation Peta, die normalerweise in ihrer Kritik auch vor drastischen Formen nicht zurückschreckt, findet gerade für diesen Bereich des Reformhaus nur lobende Worte: „Mit dem Vegan-Siegel wird der Alltag vegan lebender Menschen um ein vielfaches leichter“, heißt es in einer Mitteilung.

„Reformhaus bietet Veganern ein umfassende Sortiment und kompetente Beratung an — zu einer Lebensweise, zu der sich immer mehr Deutsche bekennen.“

Einer, der sich dazu deutlich bekennt, oft auch provoziert, ist Attila Hildmann. Der 32-Jährige hat das Bild des Veganers revolutioniert, sagen die einen. Verraten, sagen die anderen: Ein veganer Porschefahrer mit athletischer Figur. Seine Bücher finden reisenden Absatz — einige davon stehen auch im Reformhaus in der Hauptstraße.

Und hier wird der Einfluss eines Prominenten deutlich. Dorweiler zeigt auf ein Regal, das schon wieder gut geleert ist. Hier stehen Chia-Samen, Acai-Pulver und Kokos-Öl. „Das sind alles Zutaten, die Attila verwendet. Die Nachfrage ist groß“, sagt Dorweiler. Ebenso bekannte Gesichter blicken dem Kunden bei den getrockneten Mangos entgegen: Die Tatort-Schauspieler Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär und Joe Bausch sind darauf zu sehen. Nachdem sie bei Dreharbeiten auf den Philippinen Menschen gesehen haben, die unter unzumutbaren Bedingungen und schlechter Bezahlung arbeiten, machen sie sich nun für Fairen Handel stark. „Manchmal braucht es eben die Promis“, sagt Dorweiler. Viele Kunden zähle das Reformhaus, die eine Nahrungsmittelunverträglichkeit haben. „Die sind oft allein gelassen, haben nur einen Zettel vom Arzt in der Hand, auf dem steht, was sie nicht essen sollen.“ Hier setze der große Vorteil das Reformhaus an: die Beratung.

Wie sehr das Thema „Ernährung“ boomt, zeigt auch ein Blick in die Geschäftsstelle der Nordbayerischen Nachrichten. Dort wird seit Anfang des Jahres das Buch „Basisch Kochen“ von Sigrid Jäger angeboten. Unzählige Male ist es über den Ladentisch gegangen. Das Dinkelmehl dazu ist bereits ausverkauft

Zurück zum Reformhaus, das zu einer genossenschaftlichen Vereinigung zählt: Kann der einzelne Geschäftsführer überhaupt selbst über sein Sortiment und seinen Schwerpunkt bestimmen? „Da sind wir frei“, sagt Dorweiler, „so lange es in die Linie passt.“

RURIK SCHNACKIG

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