Was alte Häuser in Zirndorf über ihre Bewohner erzählen

17.04.2016, 14:00 Uhr
Was alte Häuser in Zirndorf über ihre Bewohner erzählen

© Foto: Peter Kunz

Der virtuelle Rundgang durch die Stadt begann bei dem Gebäude, das wohl häufiger als jedes andere in Zirndorf abgebildet wurde – der Brauerei. Bis zur Einführung offizieller Straßennamen mit durchnummerierten Anwesen im Jahr 1921 führte die Brauerei die Hausnummer 1. Im ersten Haus am Platz wohnten und arbeiteten Direktor, Verwalter, Braumeister und einfache Arbeiter. Letzteren ging es vergleichsweise gut, und ihr Bier wurde auch von den schwer arbeitenden Männern in anderen Betrieben, wie der nahen Ziegelei, in großen Mengen getrunken.

Die Ziegelei befand sich im Bereich der nördlichen Burgfarrnbacher Straße, dort hat sie aber kaum Spuren hinterlassen. Immerhin erinnert die Ziegelstraße noch an das Unternehmen der Gebrüder Narr, die um 1900 zu den reichsten Zirndorfern gehörten. Und auch der Name Rote Straße dürfte vom Ziegelstaub und den Backsteinen herrühren. Dort war der Lohn deutlich karger und die Arbeit gefährlicher als in der Brauerei. Unglücksfälle waren am Ende des 19. Jahrhunderts an der Tagesordnung.

In der Rote Straße steht ein weiteres Gebäude, das jeder Zirndorfer kennt: das Alte Schlösschen aus dem 17. Jahrhundert, in dem Johann Adam Rosa in den 1920er Jahren einen Kohlenhandel gründete, der bis heute fortbesteht. Wie viele Gewerbetreibende damals waren die Rosas breit aufgestellt, verkauften außerdem Obst und Gemüse aus eigener Landwirtschaft, betrieben eine Lohnkutscherei und erledigten sogar die Leichenfuhren.

Die Spurensuche führt mit einigen Abstechern weiter über den Koppenplatz und die Hauptstraße zur Fürther Straße, über die Bahnhofstraße, zum ehemaligen Gelände der Firma Zimmermann an der Nürnberger Straße. Denn natürlich darf in einer Zirndorfer Sozialgeschichte der Aufstieg und Niedergang dieser Metallwarenfabrikanten-Dynastie nicht fehlen: Ihren Begründer, den aus Schweinau stammenden Georg Zimmermann (1854– 1920), charakterisiert Übler als „ehrgeizig und erfolgreich“ – und als rücksichtslos gegenüber seinen Arbeitern. Innerhalb weniger Jahrzehnte stieg der Metalldrucker-Geselle zum größten Arbeitgeber der Stadt auf, war bedeutender Grundbesitzer, wichtigster Mäzen der Stadt, Königlich Bayerischer Kommerzienrat und von 1907 bis 1909 Bürgermeister.

Herrscher nach Gutsherrenart

Über seine Mitarbeiter herrschte er nach Gutsherrenart. Er setzte voll auf einen modernen Maschinenpark, bedient von meist ungelernten und daher schlecht bezahlten Arbeitern, um den Profit seines exportorientierten Unternehmens zu maximieren. Sein wirtschaftliches und politisches Gewicht im aufstrebenden Industrieort setzte er knallhart zum Vorteil seines Unternehmens ein, auch an gesetzlichen Bestimmungen vorbei und gegen Gewerkschaften und Sozialdemokratie, denen er ein scharfer Gegner war. Von der Fabrik, die 1972 pleite ging, ist kein Gebäude erhalten, dort steht heute das Einkaufszentrum ZIM – wie Zimmermann.

Ein lokaler Konkurrent und vergleichsweise moderater Unternehmer, der sich im sozialen Wohnungsbau engagierte, war der Spielwarenfabrikant Michael Seidel, dessen Unternehmen in den 1980ern nach über 100 Jahren vom Markt verschwand. Noch eine ganze Reihe anderer Honoratioren und Handwerker aus dieser wirtschaftlichen Blütezeit vor dem Ersten Weltkrieg und die Gebäude, in denen sie lebten und arbeiteten, erweckt der Vortrag zum Leben: die Mühle oder das schöne Haus der heutigen Gustav-Adolf-Apotheke. Klaus Übler widmet sich auch dem untersten Rand der Gesellschaft. Während sich Fabrikanten schöne Villen bauen ließen, lebten die Ärmsten im Armenhaus in der Wiesenstraße. Das ehemalige Hirtenhaus war bis zu seinem Abriss in den 30er Jahren eines der ältesten Gebäude der Stadt und eine elendige Unterkunft.

Nächster Vortrag mit Klaus Übler am 4. Mai, 18 Uhr, in der Begegnungsstätte Weiherhof: „Weiherhof erzählt“.

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