"Alexa, Licht aus": Sprachassistenten erobern das Heim

2.9.2017, 10:40 Uhr
Alex hilft auch in der Küche

© real,- SB-Warenhaus GmbH/obs Alex hilft auch in der Küche

Sie wirkt leicht unterkühlt, lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen und widerspricht nie. Alexa ist eigentlich die ideale Lebenspartnerin. Wäre da nicht der durchaus bedeutsame Umstand, dass Alexa eine blecherne Maschine ist – besser, ein überaus intelligenter, täglich dazulernender Lautsprecher, der auch zuhören kann. Das Einzige, was diese elektronische Sprachassistentin mit Menschen gemein hat, das ist die grenzenlose Neugier: Alexa saugt Informationen auf wie ein Schwamm – und gibt sie weiter. Das wiederum bringt die Datenschützer aus der Ruhe. Doch der Reihe nach.

Vernetzung ist heuer großes Thema auf der Heimelektronikmesse Ifa. Das von der Industrie ausgegebene Ziel: Jedes Gerät soll mit jedem anderen im Haushalt sprechen und interagieren können: die Dunstabzugshaube mit dem Herd, der Kühlschrank mit dem Smartphone, die Fensterrolläden mit der Heizung, die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach mit der Ladestation fürs E-Auto in der Garage.

Noch hapert es bei den meisten Haushaltsgeräten – zumal bei unterschiedlichen Herstellern – mit der Kommunikation, es fehlt schlicht der gemeinsame technische Standard. Aber entsprechende Projekte – wie im Energiebereich das Netzwerk Eebus – sind angestoßen, die Grenzen werden durchlässig, "und dann macht die Vernetzung auch für den Konsumenten Sinn", prophezeit Roland Stehle, Sprecher der Ifa-Veranstalterin gfu.

Schlichtweg zu teuer

Bis jetzt sind die Verbraucher zurückhaltend, auch weil viele der smarten Geräte schlichtweg zu teuer sind. Und nicht immer ist der Nutzen erkennbar. Wer etwa benötigt eine Tage im voraus mit dem Smartphone programmierbare Heizdecke? Weiß ich, ob ich übermorgen friere? Und steigert es tatsächlich das Lebensgefühl, wenn die mit dem Internet vernetzte Wohnzimmerleuchten von Philips immer dann flackern, wenn gerade die Raumstation ISS das Haus überfliegt? Oder wenn diese Lampen völlig unvermittelt rot-schwarz aufblitzen, nur weil der Club gerade ein Tor geschossen hat?

In Berlin wollen die Hersteller dem smarten Heim endgültig zum Durchbruch verhelfen. Derzeit stehen nach Schätzungen der Beratungsfirma Arthur D. Little zwei Millionen vernetzter Geräte in deutschen Haushalten, in fünf Jahren werden es demnach schon rund acht Millionen sein.

Die Marktforscher der GfK sind da noch etwas zurückhaltender. "Die deutschen Verbraucher sind weniger innovationsfreudig als die Konsumenten in den USA, in England oder in Skandinavien", sagt Marktexperte Alexander Dehmel. Doch auch er ist sicher: Da entsteht ein interessanter Markt. "Auf mittlere Sicht rechnen auch wir mit signifikanten Wachstumsraten, zumal jetzt die Verbraucher in die Geschäfte kommen, die den Umgang mit Internet und Datenwolke quasi mit der Muttermilch aufgesogen haben."

"Kein Selbstläufer"

Doch: "Vernetzung ist kein Selbstläufer, sie muss dem Konsumenten als etwas Nützliches näher gebracht werden", gibt Roland Hagenbucher, der Chef von Siemens-Hausgeräte, seinen Branchenkollegen als Aufgabe vor. Das Leben im digitalen Alltag soll einfacher, komfortabler werden.

Und spätestens da kommt Alexa wieder ins Spiel. Die Sprachassistentin von Amazon soll ebenso wie ihre Kollegin Siri von Apple, wie Googles Assistant oder Contana von Microsoft und Bixby von Samsung die Steuerung von Haushaltsgeräten vereinfachen. Auf der Ifa springen viele Anbieter auf den Zug auf – schon allein, um nicht den US-Konzernen das ganze Geschäft zu überlassen: Bei Bosch hören Backöfen, Waschmaschinen und Saugroboter inzwischen auf die smarte Stimme von Alexa, Panasonic zeigt seinen ersten HiFi-Lautsprecher mit integriertem Google Assistant, der Songs zum Streamen aufruft. Bei Samsung kann man den Kühlschrank nach der Uhrzeit fragen und Metz will mit Hilfe von Sprachassistenten die TV-Fernbedienung erleichtern. Nur Apple zeigt sich bisher bei der Vergabe von Lizenzen verschlossen: Assistentin Siri gibt es nur auf Geräten mit dem Apfel-Logo.

Die Sprachbedienung ist denkbar einfach: "Alexa, mach bitte das Licht aus" führt ebenso zum Ziel wie die Frage nach dem Wetter am Urlaubsort oder die Bestellung einer Pizza über den Lieferdienst Lieferando. Die metallischen Design-Zylinder verstehen immer besser, die Fehlerquote sinkt rapide – zumindest wenn man nicht allzu ausgeprägt dem fränkischen Dialekt verfallen ist.

Ständig auf Empfang

Ihre Antworten holt sich Alexa von den Servern von Amazon und aus dem weltweiten Internet, nachdem sie vorher die Fragen und alle möglichen damit verbundenen Daten ihrem eigentlichen Auftrag entsprechend an eine Datencloud übertragen hat. Voraussetzung: Alexa und Kolleginnen müssen ständig auf Empfang sein, ununterbrochen zuhören, was gesprochen wird, denn nur so können sie jederzeit antworten, wenn sie gefragt werden.

Und genau da fängt es an, kitzelig zu werden. Wer kontrolliert eigentlich, was alles an die Server von Amazon, Google oder Apple übertragen, was gespeichert wird? "Man füttert die Datenmaschine und bekommt dafür Bequemlichkeit", beschrieb kürzlich Florian Glatzner, Datenexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband das Prinzip, der Nutzer gebe "eine Einwilligung ins Blaue".

Ein heikler Punkt, gerade bei deutschen Konsumenten. Und das könnte für Anbieter zum Bremsklotz werden. "Die Hürde bei uns ist sicherlich der Datenschutz", meint dann auch GfK-Branchenexpertin Bettina Steinbrenner, "da werden sich die Hersteller wohl darum kümmern müssen."

Verwandte Themen


6 Kommentare