Angst im Business-Tower: "Nürnberger" setzt den Rotstift an

20.11.2015, 06:00 Uhr
Unruhe in den Büros der Nürnberger: Am 3. Dezember sollen die Beschäftigten über die anstehenden Maßnahmen informiert werden.

© News5 / Engelhardt Unruhe in den Büros der Nürnberger: Am 3. Dezember sollen die Beschäftigten über die anstehenden Maßnahmen informiert werden.

Bei den Mitarbeitern im Versicherungskomplex an der Nürnberger Ostendstraße geht die Angst vor einem gravierenden Stellenabbau um. Immer neue Zahlen angeblich betroffener Arbeitsplätze machen in den Fluren des Business-Towers die Runde, die Anspannung wächst seit Wochen.

Hintergrund ist, dass die Stuttgarter Beraterfirma Horváth & Partners – nach eigenen Angaben „Spezialist für Unternehmenssteuerung und Performance-Optimierung“ – die Prozesse im Innendienst der Nürnberger durchleuchtet und mit den Zahlen von anderen Versicherungsgesellschaften verglichen hat. Das Ergebnis lässt die Mitarbeiter nichts Gutes ahnen: Die Verwaltungskosten der Nürnberger sind im Vergleich deutlich zu hoch, berichten unabhängig voneinander zwei Konzern-Insider.

„Die haben eine simple Personalbemessung durchgeführt. Da wurde nach einem Benchmarksystem ermittelt, wie viele Köpfe notwendig sind, um bestimmte Abläufe zu bewältigen und dann wurde mit dem Ist-Zustand verglichen“, so verlautet aus Kreisen des Unternehmens. Die Konsequenz, so heißt es weiter, werde wohl ein Personalabbau im „niedrigen dreistelligen“ Umfang sein.

Das Unternehmen selbst will sich dazu nicht äußern. „Wir wollen erst den Aufsichtsrat und dann die Führungsebene und die Mitarbeiter informieren, bevor wir etwas dazu öffentlich sagen“, erklärte Vorstandsvorsitzender Armin Zitzmann gegenüber unserer Zeitung. Aufsichtsratssitzung ist am 1. Dezember.

Fakt ist, dass der Betriebsrat die Beschäftigten am 3. Dezember gleich auf zwei Betriebsversammlungen morgens und dann noch am frühen Nachmittag über die anstehenden Pläne des Vorstandes unterrichten will. Darüber, wie diese konkret aussehen, war auch von Arbeitnehmerseite zum jetzigen Zeitpunkt nichts zu erfahren.

Denkbar sei, so hieß es in Unternehmenskreisen lediglich, dass Verantwortungs- und Geschäftsbereiche neu zugeschnitten und eventuell personell verändert werden sollen. Zusätzlich gibt es in der Konzernspitze offenbar Pläne, nach dem Ausscheiden des langjährigen Zitzmann-Vorgängers Hans-Peter Schmidt „Marke und Kultur der Nürnberger“ neu auszurichten.

Erst in diesem Jahr hat der Konzern den Außendienst umgekrempelt. Mit den sieben Vertriebsdirektionen wurde eine komplette Führungsebene gestrichen und die Zahl der Geschäftsstellen von 63 auf 34 fast halbiert. Abgebaut werden sollen im Außendienst bundesweit bis Ende 2016 bis zu 170 Stellen, ein Teil der Aufgaben wird in die Zentrale nach Nürnberg verlagert. Der Vertrieb über das Internet soll massiv aufgebaut werden. „In drei Jahren wird es alle Produkte der Nürnberger auch im Netz geben“, kündigte der Vorstandschef im Frühjahr an. Schon diese Maßnahmen im Außendienst wurden damals mit Effizienz- und Kostengesichtspunkten begründet.

Branche unter Druck

Nicht nur die Nürnberger, die gesamte Versicherungsbranche steht unter besonderem Druck. Sie leidet unter dem anhaltend niedrigen Zinsniveau und tut sich schwer, die früher gegenüber den Kunden abgegebenen Renditeversprechungen einzuhalten. Zusätzlich zwingen verschärfte Eigenkapitalanforderungen viele Assekuranzunternehmen dazu, den Rotstift anzusetzen.

Die zur Münchner Rück gehörende Ergo-Versicherung beispielsweise hat bereits mehrere Sparrunden hinter sich. Auch hier wurden zunächst im Außendienst, dann in der Verwaltung Prozesse verschlankt und Stellen abgebaut. Zur Zeit stehen offenbar weitere Arbeitsplätze zur Disposition.

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