Areva in Erlangen: Umbau ohne Ängste

21.11.2013, 06:19 Uhr
Areva in Erlangen: Umbau ohne Ängste

© Horst Linke

Der erste Schock ist verdaut. Als die schwarz-gelbe Bundesregierung vor zweieinhalb Jahren den Ausstieg Deutschlands aus der Atomkraft beschloss, war das für Areva so, als würde man dem 1. FC Nürnberg den Fußball verbieten: Das Hauptgeschäft brach weg. 6000 Mitarbeiter beschäftigt der französische Nuklearkonzern aktuell in Deutschland, 3200 davon am Hauptsitz Erlangen — doch damals fragte sich so mancher, wie lange wohl noch.

„Inzwischen ist wieder Ruhe eingekehrt“, freut sich Areva-Konzernbetriebsratschefin Heidi Heinlein. „Wir haben viel zu tun, es ist Arbeit da, die Ängste sind weg.“ Ein Dreivierteljahr nach dem Atom-Aus rückten Anfang 2012 mit Stefan vom Scheidt und Carsten Haferkamp zwei neue Geschäftsführer an der Spitze, seitdem ist Areva im Umbau. Der Rückbau von Atomanlagen, der Export von Sicherheitstechnik und der Ausbau der Windkraft-Aktivitäten: Dieser Dreiklang soll künftig für das Kerngeschäft stehen.

1,4 Mrd. € Umsatz — gut zwei Drittel davon mit Atomkraft — hat Areva Deutschland 2012 erwirtschaftet, ein leichtes Minus von 100 Mio. € gegenüber 2011. Dieses Jahr wird der Erlös voraussichtlich stagnieren. „Aus meiner Sicht ist das ein Erfolg“, sagt Haferkamp mit Blick auf die Rahmenbedingungen. Denn die Energiewende mögen sie in Erlangen zwar geschluckt haben, doch so richtig glücklich werden sie mit der Politik in Berlin noch immer nicht.

„Leider entwickelt sich das Thema Rückbau nicht so schnell, wie gehofft“, erklärt Co-Chef vom Scheidt. Theoretisch sei in Deutschland damit bis ums Jahr 2040 herum Geld zu verdienen — doch der Markt kommt nicht in die Gänge. Der Grund: Der Termin, bis wann es ein Endlager für Atommüll gibt, ist unverändert unklar. Die Suche verzögert sich. So lange aber offen ist, wohin mit dem strahlenden Schrott, tun sich auch die Besitzer der stillgelegten Meiler schwer, deren Abriss zu planen.

Stellenabbau im Plan

Besorgt blicken die Geschäftsführer zudem auf die laufenden Koalitionsgespräche. Union und SPD wollen bei der Förderung der erneuerbaren Energien sparen — offenbar vor allem bei Hochsee-Windanlagen. Mithin genau in dem Bereich, auf den Areva erhebliche Hoffnungen setzt. „Wir stehen hier vor großen Herausforderungen“, räumt vom Scheidt ein, „die Investoren sind sehr zögerlich.“

Bereits besser läuft dagegen der Verkauf von Sicherheitstechnik für Atomkraftwerke im Ausland. „Alle Länder haben nach Fukushima ihre Anlagen überprüft und rüsten nach“, sagt vom Scheidt. Im Plan, so bestätigt es auch Betriebsrätin Heinlein, liege Areva beim 2012 vereinbarten Abbau von 1200 Stellen bis Ende 2015. 900 davon sind mittlerweile schon weg, alle ohne betriebsbedingte Kündigungen. „Darauf wollen wir weiterhin verzichten“, versichert Haferkamp.

Gleichzeitig wird gerade am Standort Erlangen kräftig geforscht, um Areva Deutschland für die französische Mutter wertvoll zu halten. Eine Vereinbarung mit infra Fürth und Erlanger Stadtwerken über den gemeinsamen Testbetrieb eines neuen, besonders gigantischen Offshore-Windrads an der Nordseeküste ist so gut wie fix. Auch an Unterwasser-Robotern für den Einsatz in Reaktordruckbehältern oder an Wegen, Strom aus Windkraft mittels Wasserstoff für windstille Zeiten zu speichern, sind die Ingenieure dran.

Für vom Scheidt ist es letztlich ganz einfach: „So lange wir hier als Areva Deutschland Geschäft machen, so lange ist unsere Existenz sicher.“

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