"Blauer Ozean" beschert Airport Nürnberg neuen Rekord

12.12.2018, 05:57 Uhr

© Foto: Valeriy Lebedev/colourbox.de

Stockholm, Moskau – und warum eigentlich nicht auch Peking? Wer sich mit Michael Hupe über die nächsten denkbaren neuen Direktziele unterhält, der merkt: Es darf wieder geträumt werden am Airport Nürnberg, ohne gleich als Spinner zu gelten.

Die gute Laune des Flughafen-Chefs hat einen Grund. 4.274.222: Mehr Passagiere in einem Jahr hat der Airport in seiner Geschichte noch nie gezählt — bis jetzt! Denn jetzt ist klar, dass der Allzeitrekord von 2008 in diesem Jahr fällt, mit hoher Wahrscheinlichkeit schon in den nächsten Tagen. "Und danach kommt mit Weihnachten ja sogar noch eine reisestarke Zeit", freut sich Hupe.

Es ist der vorläufige Höhepunkt der Wiederbelebung des Flughafens nach dem traumatischen Ende der Ära Air Berlin, in dessen Folge die Fluggastzahlen 2014 bis auf 3,27 Millionen abgestürzt waren. Dann aber verordneten Hupe seiner Belegschaft einen Perspektivwechsel. Schluss mit dem Wundenlecken, mehr Fokus auf die eigene Stärken bitte, mehr Selbstbewusstsein.

"Blue Ocean" war die Wende

Als Ergebnis entstand mit "Blue Ocean" eine neue Marketing-Strategie. Vielleicht der entscheidende Moment für die Rückkehr des Erfolgs. "Mit Frankfurt und München liegen wir zwischen zwei der größten Flughäfen Europas", erklärt Hupe. Eine vermeintliche Schwäche, die die Franken seit knapp drei Jahren aber einfach als Stärke verkaufen.

Der "blaue Ozean" ist dabei die Metapher für einen noch weitgehend ruhigen Markt ohne starken Wettbewerb — als Gegenteil zu dem, was in der Marketinglehre als "red ocean" gilt: "Da fließt Blut, da gibt es Haie, also eine sehr starke Konkurrenzsituation mit zumeist schon einer dominanten Airline", erklärt der Flughafen-Chef. "Bei uns dagegen kann ein Anbieter eine Strecke in Ruhe entwickeln."

Ein Argument, das offenkundig verfängt. Auf Messen wie Anfang Dezember der "AviaDev" in Valencia oder der "Routes" kommenden Mai in Hannover, auf der schon mal 500 Flughäfen um die Gunst von gut 100 Airlines buhlen, heißt es dann: Showtime. "Da gibt es richtige Speeddatings, da haben Sie 20 Minuten, Ihre Botschaft herüberzubringen", sagt Hupe. Mit anderen Worten: Vorbereitung ist alles. Zusätzlich zu den Nürnberger Lebkuchen als kleines Geschenk.

Daten und Lebkuchen

Viel Energie stecken sie am Flughafen deshalb inzwischen in das Thema Datenrecherche, schauen sich Reiserouten von Passagieren oder Tourismuszahlen an, tauschen sich mit der NürnbergMesse aus oder wenden sich auch mal an externe Analysten. "In dem Bereich gibt es heute viel mehr Möglichkeiten als noch vor fünf Jahren", sagt Hupe.

Die Resultate hätten schon bei so mancher Airline für einen Aha-Effekt gesorgt. 4,1 Millionen Einwohner in einem Radius von 90 Minuten um den Flughafen, große Standorte international vernetzter Unternehmen wie Siemens, Bosch, adidas oder Schaeffler, einer der größten Messeplätze des Kontinents, dazu immer mehr Touristen: In der Region weiß man das alles natürlich. "Eine Airline aber muss so viele Airports in Europa überblicken, da muss man ihr halt manchmal auf die Sprünge helfen."

Flughafen erhielt brancheninterne Auszeichnungen

Mundgerecht können die Nürnberg mittlerweile den Airline-Managern ihr Menü servieren, bis hin zur ersten Gewinnkalkulation für konkrete Flugziele. Ein Aufwand, der sich in der Szene herumspricht. Wiederholt schon heimste der Flughafen für seine "Blue Ocean"-Strategie brancheninterne Auszeichnungen ein.

Anerkennung kommt auch aus der Heimat. "Wir gratulieren zum Passagierrekord", erklärt Peter Ottmann, Chef der NürnbergMesse. "Insbesondere unsere internationalen Kunden aus aller Welt schätzen die exzellente Anbindung des Airports zu den großen europäischen Hubs sehr." IHK-Hauptgeschäftsführer Markus Lötzsch sagt, der Anstieg der Passagierzahlen sei umso erfreulicher, "als der Wegfall des Drehkreuzes von Air Berlin auf überzeugende Weise kompensiert werden konnte".

Aber sorgt der Erfolg nicht gleichzeitig dafür, dass der Ozean auch in Nürnberg langsam rotstichiger wird? "Nein, nein, wir haben schon noch genügend Ideen für lohnende neue Strecken", erklärt Hupe. Nach Frankreich und England etwa. Und, na klar, gerne auch nach Stockholm, Moskau, Peking.

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