"Krasser Unfug": Vodafone-Werbebrief sorgt für Ärger

25.1.2017, 06:00 Uhr
Bei modernen Fernsehgeräten wie hier auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin sind die Empfänger für die hochauflösende Ausstrahlung bereits eingebaut.

©  Monika Skolimowska (dpa) Bei modernen Fernsehgeräten wie hier auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin sind die Empfänger für die hochauflösende Ausstrahlung bereits eingebaut.

Es ist nicht irgendein Werbebrief, den die Haushalte gleich in den Müll werfen: Den einen macht er Angst, den anderen ein schlechtes Gewissen. Denn der mattrosafarbene Umschlag ähnelt einem Einschreiben-Rückschein. Der Brief darin selbst trägt obendrein den Aufdruck "Wiederholter Zustellversuch" in Stempeloptik. Schließlich wird dem Ganzen noch durch einen Kasten mit der Bezeichnung "Merkmale Vorgangsdaten" der Anschein eines offiziellen Behördenschreibens gegeben.

Hunderttausendfach hat der Brief deutsche Haushalte erreicht. Im Sinne des Unternehmens Vodafone sollte er eigentlich nur eines erreichen: Dass viele TV-Konsumenten einen Vertrag mit Vodafone Kabel Deutschland abschließen, bevor der neue Standard für den terrestrischen Fernsehempfang DVB-T2 den Bildschirm eventuell schwarz bleiben lässt.

Bundesbehörde ermittelt

Den Verbraucherzentralen bescherte die Werbeaktion massenhafte Proteste von Bürgern, die sich über die Unverschämtheiten beschwerten. Das Urteil der Verbraucherschützer lautet "irreführende Werbung". Und auch bei der Bundesnetzagentur sind Beschwerden eingelaufen. Die Behörde hat inzwischen "Ermittlungen eingeleitet", wie ein Sprecher auf Anfrage dieser Zeitung mitteilte. Vodafone selbst hat derweil die Werbekampagne als "Testlauf" umetikettiert und vorerst gestoppt. "Wir werden dieses Werbemittel in dieser Gestaltung nicht mehr versenden, sondern überarbeiten. So werden wir künftig den aufgedruckten Stempel nicht mehr einsetzen und auch einen Formulierungsfehler korrigieren", antwortet ein Unternehmenssprecher.

In der Tat: "Der Vodafone-Brief ist mit technischen Fehlern nur so gespickt. Das Unternehmen macht sich ein Stück weit lächerlich", urteilt Michael Gundall von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Dabei fehle es bei dem Kommunikationsanbieter keineswegs an technischem Sachverstand. Das Papier hat definitiv keiner von der technischen Abteilung gegengelesen." Sonst wäre sicher nicht so viel schiefgegangen, schätzt der Verbraucherschützer.

Schreckgespenst Abschaltung von DVB-T

Der größte Lapsus: Im Schreiben heißt es, mit der "Abschaltung des analogen Fernsehdienstes DVB-T" seien "immer mehr Haushalte auf eine neue TV-Versorgung angewiesen". Das ist krasser Unfug, denn analoges Antennenfernsehen ist in Deutschland passé, bereits seit Ende 2008 gibt es per Antenne nur noch Digital-TV zu sehen. Dafür steht ja das D im Kürzel DVB: "Digital Video Broadcast", für das Digitalfernsehen also.

Weitere Fehler in dem Werbebrief, der als Informationsschreiben daherkommt, betreffen die Botschaft, dass via Kabel große Vorteile locken - was so nicht stimmt, sagt Gundall. Auf der Rückseite finden sich griffbereit die Dienste von Vodafone Kabel Deutschland, die in ein neuen Fernseh-Zeitalter führen sollen.

Um was geht es eigentlich? Vorab ist nochmals zu betonen: Wer über die Satellitenschüssel, über Kabel oder über das Internet fernsieht, ist von der neuen Technik gar nicht betroffen. Beim terrestrischen Empfang geht es im Ballungsraum Nürnberg tatsächlich am 29. März los, während viele andere Regionen erst nach und nach folgen: Die Betreiber der Fernseh-Sendemasten schalten auf eine neue Ausstrahlungstechnik um – vom bisherigen DVB-T auf das neue DVB-T2 HD.

Neue Geräte sind mit dem grünen Logo DVB-T2-HD versehen. Ältere TV-Geräte dagegen können mit diesen Signalen nichts anfangen. Wer weiterhin über Antenne fernsehen möchte, braucht einen neuen Fernseher mit eingebautem DVB-T2-HD-Empfänger oder beispielsweise eine separate Empfangsbox, die ältere TV-Geräte entsprechend ergänzt.

Gründe für den Umstieg sind die Reduktion der bisherigen Übertragungsfrequenzen und der zunehmende Zuschauerwunsch nach Inhalten in hochauflösender Qualität.

Anbieter wittern Morgenluft

Mit der Umstellung wittern manche Anbieter Morgenluft. So auch Vodafone, das britische Unternehmen, das vor drei Jahren mit der Übernahme von Kabel Deutschland für elf Mrd. Euro einen großen Satz nach vorne machte. Die Verbraucherzentralen wissen, dass eine Reihe von Anbietern stets gerne eine Umschaltung nutzen, um neue Kunden zu angeln. So war es auch schon gewesen bei der Einführung des ersten DVB-T-Standards nach der Jahrtausendwende. Damals fielen Deutsche Telekom und Dienstleister wie Magine.TV mit Lockangeboten unangenehm auf, mit denen der Mund etwas zu voll genommen wurde.

Im aktuellen Fall prüft nun die Bundesnetzagentur, ob Vodafones Geschäftsmodell zulässig ist.

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