Spielwarenmesse: Fast 60 und noch bärenstark

20.12.2008, 00:00 Uhr
Spielwarenmesse: Fast 60 und noch bärenstark

© Michael Matejka

Die Karriere, die die Spielwarenmesse hingelegt hat, lässt sich an den Ausstellungskatalogen ablesen: Sie sind immer dicker geworden. «Man spürt es schon gewichtsmäßig, wie die Schau gewachsen ist«, witzelt Ernst Kick, während er den aktuellen Katalog und den der ersten Messe 1950 in den Händen wiegt.

Kick steht für etwa ein Zehntel der Spielwarenmesse-Geschichte: Seit Ende 2002 steht der gebürtige Passauer an der Spitze der Spielwarenmesse eG, die Eigentümerin der Leitschau ist. Was ihm angesichts der 60. Auflage der Messe spontan in den Sinn kommt? «Respekt vor der unglaublichen Leistung der vier Gründer der Schau.« 1949 hatten Carl Ehmann (Märklin), Arno Drottboom (Vereinigung Deutscher Spielwarenhändler), Hans Mangold (Gama) und Ernst Th. Horn (Arbeitsgemeinschaft Spielzeugindustrie) die Idee, eine deutsche Spielwarenfachmesse ins Leben zu rufen - 1950 feierte die Schau mit 351 Ausstellern Premiere.

Familie im Auge

Heute präsentieren sich rund 2700 Firmen aus aller Welt auf dem Branchenereignis in Nürnberg. Dass es vor wenigen Jahren schon einmal fast 2800 waren, treibt Kick nicht um. Kein Wunder: «Wir sind wieder bis auf den letzten Quadratmeter ausgebucht - und das trotz Finanz- und Wirtschaftskrise«, erklärt er.

Was ihn dagegen nicht kalt lässt, ist der seit Jahren zu beobachtende Rückgang der Aussteller aus Deutschland - Spiegel dessen, was sich in der heimischen Branche tut. Der Endverbrauchermarkt für traditionelle Spielwaren stagniert seit langem. Wesentlicher Grund dafür ist eine Entwicklung, die auch den Rentenpolitikern Sorgenfalten ins Gesicht zeichnet: Deutschland fehlt der Nachwuchs.

Um das Geschäft anzukurbeln, fährt die Branche mehrere Strategien. Die eine ist, Zielgruppen außerhalb der «Ur-Klientel« - Kinder - zu erschließen. Ein Vorhaben, das die Spielwarenmesse unterstützt: 2007 startete sie ihr mehrjähriges Projekt «Toy Generations«. Zum Auftakt gab es eine Analyse der Altersklasse der «40+« mit dem Ziel herauszuarbeiten, wie bei diesen Frauen und Männern der Spieltrieb geweckt werden kann. Bei der kommenden Schau steht in Sachen «Toy Generations« die Familie im Mittelpunkt und das «sozialisierende Element des Spielens«, so Kick.

Erweiterung des klassischen Angebots

Neben dem Ausbau des Kundenkreises setzt die Branche auf die Erweiterung des klassischen Angebots durch «spielwarenaffine Sortimente«, wie etwa Schreibwaren für Schülerinnen und Schüler. Dieses Thema griff die Messe 2008 mit ihre Sonderschau «Way to School« auf. Mit Erfolg, wie Kick sagt: Zur kommenden Schau haben sich mehr Aussteller aus dieser Sparte angemeldet. Ein für immer mehr Händler wichtiges Standbein ist auch der Bereich Sport/Freizeit/Outdoor - ein Trend, dem die Spielwarenmesse verstärkt Rechnung tragen will.

Mit dem Wachstumssegment Konsolen, Computerspielen&Co. hat sie dagegen abgeschlossen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Der wichtigste: Der klassische Spielwarenhändler besetzt dieses Thema nicht, weil ihm der Platz fehlt, die Angebotsvielfalt angemessen zu präsentieren. Ein Problem, das auch der Manager kennt.

Mit dem Multimedia-Bereich geliebäugelt freilich hat die Spielwarenmesse vor einigen Jahren. Doch die Forderungen, die die Konsolenhersteller Kick zufolge für eine dauerhafte Präsenz in Nürnberg gestellt haben, konnte die Leitschau nicht erfüllen: «Sie wollten eine Publikumsschau und einen Messetermin im Herbst«, beides jedoch habe die Spielwarenbranche nicht gewollt.

Dass die Messegesellschaft seinerzeit nicht die Chance genutzt hat, eine eigene Multimedia-Schau zusätzlich zur Spielwarenmesse aufzusetzen, «das war unser einziger Fehler«, sagt Kick. Leipzig hat die Nische besetzt und die «Games Convention« kreiert, die im Jahr 2002 an den Start ging. Damit war der Zug für die Spielwarenmesse eG abgefahren, der rund 240 Mitglieder aus der Spielwarenindustrie angehören.

«Leithammel«-Status

Über Jahrzehnte war das Nürnberger Unternehmen rein auf das Inland fokussiert, seit einigen Jahren erst ist es auch im Ausland aktiv. Dieses Engagement wollen Kick und sein Team, die sich als Dienstleister verstehen, verstärken. Dazu hat die Genossenschaft in diesem Sommer das Auslandsmesseprogramm «World of Toys by Spielwarenmesse eG« aus der Taufe gehoben. Dieses Projekt, das Kick zufolge in erster Linie ein Kundenbindungsprogramm ist, unterstützt Firmen beim Einstieg in neue Märkte. Zu diesem Zweck organisieren die Nürnberger Gruppenbeteiligungen an bestehenden Schauen sowie eigene Messen, wie die Toy Russia in Moskau.

«Wenn man als Messe den Anspruch hat, Leithammel einer Branche zu sein, dann muss man schauen, bei seinem Thema in den Kontinenten ein Mitspracherecht zu haben«, begründet Kick das Engagement. Einfach gesagt: Es gilt Reviere zu markieren, bevor es andere tun. Die Konkurrenz schläft ja nicht.

Dass die Spielwarenmesse selbst einmal abwandert, glaubt Kick nicht. «Nürnberg ist unsere Heimat. Und die Schau ein fester Treffpunkt der internationalen Branche.«